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Ohne Strom am Silbersee

Von Heidi Thiemann 11.05.2005, 17:59

Coswig/MZ. - Die Meldung in der SpaltePolizei-Report vom Montag war eher von derunscheinbareren Art. Weil er mit Hilfe eines(lautstarken) Notstromaggregats Fernsehengeschaut hatte, wurde einem Bungalowbesitzeram Silbersee dies von der Polizei untersagt.

Die Zeitung war nur wenige Stunden alt, darief Hedda Arzt aufgeregt in der Redaktionan. Es ginge hier nicht nur um dieses Notstromaggregat.Dem Mann sei der Strom abgestellt worden.Wie sollte er sich sonst helfen? Warum aberist der Strom abgestellt? - Die Erklärungkommt am späten Nachmittag beim Treffen vorOrt. Bei Familie Glaßl, die seit Oktober 2004einen Bungalow bei den Naturfreunden Ziekoam Silbersee e. V. ihr Eigen nennt. Oder bessergesagt: gern möchte. Zwar hat die zur Zeitin Ilsenburg lebende Tochter Katharina denBungalow für ihre Eltern (insbesondere dieseit einem Unfall schwer kranke Mutter) erworben,den Kauf bei einem Dessauer Notar am 4. Oktober2004 besiegelt. Auch liegt die Vormerkungauf den Eintrag ins Grundbuch vor - doch obes dazu kommt?

Alles ließ sich gut an, blicken die WittenbergerThomas und Liane Glaßl zurück. VorbesitzerinSonja John aus Coswig hatte den Verein, derdas gesamte Vereinsgelände nach der Wendein Erbbaupacht erwarb, über den Verkauf telefonischinformiert. "Das geht in Ordnung" habe dieAntwort gelautet, die schließlich die alteund neue Besitzerin handelseinig werden ließ.Thomas Glaßl machte den Bungalow wohnlich.Und da fingen diverse Probleme an.

Der Vereinsvorstand wolle nichts mehr vonder Zustimmung zum Verkauf wissen, würde garbehaupten, Familie Glaßl halte sich illegalin der Siedlung auf. Schlimme Gerüchte würdengestreut, von der "Russen-Mafia" sei unteranderem die Rede. Und im Vorfeld der Mitgliederversammlungam 30. April, bei der über die Aufnahme vonKatharina Glaßl in den Verein befunden werdensollte, seien Mitglieder beeinflusst worden,weshalb die Aufnahme scheitern musste. - Alldas behauptet nicht etwa die betroffene Familie,sondern Nachbarn aus der Siedlung. Hedda Arzt,Klaus Vorbach, Brigitte Stolzenburg und JohannGanz, die selbst seit 1979, seit es die Bungalowsiedlunggibt, hier mitten im Wald ihre freien Tageverbringen. "Zu DDR-Zeiten ist hier allesgut gegangen. Alle hatten nichts, und allehatten sich gegenseitig geholfen", erzähltder Wolfener Klaus Vorbach. Seit der Wendeist das anders, besonders seit den letztendrei Jahren, als der Neidfaktor immer größerwurde. Die Idylle ist vorbei. Und die Nachbarnhaben eine Vermutung: Der Vorstand wolle denBungalow jemand anderem zukommen lassen. Deshalbauch hätte Katharina Glaßl sagen können, wassie wolle auf der Versammlung. "Das Urteilstand doch schon fest", so Vorbach.

"Ich bin nicht einverstanden, was hier mitder Familie gemacht wird", sagt Hedda Arzt.Wenn etwas falsch gelaufen ist, muss das geklärtwerden. Doch der Vorstand lasse nicht mitsich reden. "Die kennen uns doch gar nicht",ist Thomas Glaßl enttäuscht. Vielmehr seinicht nur beschlossen worden, dass jedes Mitglied120 Euro zahlen solle, um den Bungalow derGlaßls sozusagen zurückzuholen, sondern dassder Familie auch der Strom abgestellt wird.Auch beim Wasser ist dies angedroht, nur hättendie Verantwortlichen bisher wohl den Schiebernicht gefunden. Gar von Zwangsräumung istdie Rede. "Wir machen hier die Gesetze", hättenVorstandsmitglieder ihr gesagt, empört sichFrau Arzt. Und auch ihr sowie den anderen,die Familie Glaßl zur Seiten stehen, sei dasAbstellen von Strom und Wasser angedroht worden.

Ob dies üblich sei, wird Vorstandsmitgliedund Schatzmeisterin Christa Plietzsch vonder MZ gefragt. Sie sage dazu nichts. Nur:"Mit der Parzelle wird es ein gerichtlichesVerfahren geben, dem will ich nicht vorgreifen."Aussagen könne nur der Vorsitzende WolfgangLenhart machen. Der aber wohnt in Leipzig,sei am Samstag da. Eine Telefonnummer gibtPlietzsch nicht heraus.

"Hier will man nach Gutsherrenart bestimmen",sagt Klaus Vorbach zu den Vorgängen am Silbersee.Auch Brigitte Stolzenburg und ihr LebensgefährteJohann Ganz hätten schon Schikanen erlitten.Dazu gehöre, dass ein neuer Nachbar die Errichtungdes mit dem Vorgänger abgestimmten Neubauseines Carports gerichtlich angefochten hatte.Erfolgreich in zwei Instanzen, weil mit derneuen 98er Bausatzung des Vereins die alteaus dem Jahr 1995 nicht aufgehoben wordenwar. Es gab zwei Bauordnungen. "Die Androhungzum Zwangsabriss erhielt ich am 24. Dezember2004", sagt Ganz bitter und zeigt Fotos vomalten, neuen und nun abgerissenen Carport.Bis zum 3. Januar hatte er Zeit dazu. "Dahabe ich an meinem 65. Geburtstag mit demAbriss beginnen müssen."