Nur noch Nummer 2 Nur noch Nummer 2: Elberadweg bei Dessau nach Jahren nicht mehr beliebtester Fernradweg

Dessau-Roßlau - 1.100 Kilometer lang ist die Elbe von ihrer Quelle im Riesengebirge bis zur Mündung in die Nordsee. Mit dem Elberadweg haben Radtouristen die Möglichkeit, Natur und Kultur entlang der Strecke abzufahren.
Ein Konzept, das lange verfing. Über Jahre war der Elberadweg Deutschlands beliebteste Radlerpiste überhaupt. Nun musste er den Spitzenplatz an den Weser-Radweg abgeben, der vom Weserbergland (Niedersachsen) bis zur Nordsee verläuft.
In der ADFC-Travelbike-Radreiseanalyse 2019 ist der Elberadweg nur noch auf Platz 2 gelandet. Zugrunde liegt eine repräsentative Onlinebefragung unter mehr als 7.500 Bürgern. Für den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) kommt das Ergebnis keinesfalls überraschend.
Doch was bedeutet das Ergebnis für Dessau-Roßlau und die Region?
„Es hapert schon an einer einheitlichen Beschilderung. Sachsen-Anhalt ist das einzige Land, in dessen Abschnitt man hin und wieder im Nirgendwo landet“, kritisiert der ADFC-Landesvorsitzende Martin Hoffmann. Zudem seien touristische Ziele im Umland nicht gut an den Elberadweg angebunden, der Weg sei mancherorts in sehr schlechtem Zustand und es fehle an sicheren Abstellmöglichkeiten bei Sehenswürdigkeiten. Den Verlust des Spitzenplatzes empfindet Hoffmann als Quittung dafür, dass zu wenig getan wird. „Wir vertun da eine riesige Chance. Schließlich haben wir touristisch viel zu bieten in Sachsen-Anhalt.“
Doch was bedeutet das Ergebnis für Dessau-Roßlau und die Region? Exakte Nutzungszahlen liegen laut Stadtmarketinggesellschaft (SMG) für die Doppelstadt nicht vor. Hochgerechnete Zählungen in verschiedenen Streckenabschnitten lägen aber zwischen 30.000 und 240.000 Nutzern pro Jahr. „Die Bedeutung des Elberadweges für Dessau-Roßlau ist nicht zu unterschätzen“, erklärt SMG-Geschäftsführer Guido Fackiner auf MZ-Nachfrage. Selbst 30.000 potenzielle Übernachter seien viel. „Elberadwegtouristen sind für etliche Unterkünfte und Gastronomen eine relevante Zielgruppe.“
Viele Radler kritisierten, dass man die Elbe Streckenweise kilometerlang nicht sehe
Dirk Werner vom Forsthaus Leiner Berg, das in unmittelbarer Nähe zum Elberadweg gelegen ist, hat in den vergangenen zwei bis drei Jahren bereits einen Rückgang bei den Fernradtouristen bemerkt. Werner betreibt bei Waldersee einen Biergarten plus Pension. „Wenn ich allein auf Übernachtungen angewiesen wäre, müsste ich dicht machen.“
Viele Radler, die bei ihm einkehren, kritisierten, dass man die Elbe Streckenweise kilometerlang nicht sehe. Viele sagten aber auch, dass der Abschnitt mit den alten Eichen in den Elbauen einer der schönsten überhaupt sei. Beim Tourismusverband Welterberegion Anhalt-Dessau-Wittenberg ist man alarmiert: „Radtourismus ist für die Welterberegion das Hauptwachstumsthema“, sagt Geschäftsführerin Elke Witt.
Da sei die Herabstufung natürlich nicht gut. „Deshalb müssen wir jetzt im Marketing wieder massiv zulegen, um das Interesse am Elberadweg wieder zu heben.“ Das Land müsse investieren in die Strecke. Es gelte vor allem Ausflugsziele besser mit dem Elberadweg zu verknüpfen. „Denn zu bieten, haben wir mit unseren Welterbestätten genug“, so Witt.
Radweg von der Elbe weg und vorbei an Bauhaus, Meisterhäusern und Luisium
Sie findet, dass sich gerade Dessau-Roßlau hier bereits gut aufgestellt hat. So sei die Entscheidung, den Radweg von der Elbe weg und vorbei an Bauhaus, Meisterhäusern und Luisium direkt durch die Innenstadt zu verlegen, clever gewesen. „Die Radler, von denen wir sprechen, sind in den meisten Fällen 50 Plus, Kulturtouristen, haben einen hohen Bildungsgrad, verdienen gut und interessieren sich zum Beispiel für das Bauhaus.“
Für das Bauhaus-Jubiläumsjahr haben der Tourismusverband und die SMG deshalb mit dem Elberadeltag 2019 bewusst ein Rad-Event in die Stadt geholt. Am 5. Mai soll es aus dem Umland zahlreiche Fahrten nach und durch Dessau-Roßlau geben. An diesem Tag soll auch die neue Streckenführung eingeweiht werden.
Die Kritikpunkte des ADFC teilen sowohl Welterberegion als auch SMG. „Hinsichtlich Wegebeschaffenheit, Wegebreite und Ausschilderung gehört der Elberadweg nach meiner persönlichen Einschätzung in Teilstrecken schon länger nicht einmal in die Top Ten der Fernradwege“, sagt Fackiner. Genau hier - in der Qualität und im Marketing - sei am Weser-Radweg in den vergangenen Jahren hingegen deutlich mehr investiert worden. Er hoffe nun auf eine kräftige Reaktion an der Elbe. „Die Landschaft bleibt traumhaft, der Rest liegt an uns.“ (mz)
Nachdem 2017 die Zahl der Radurlauber in Deutschland erstmals seit langem wieder gesunken war – vor allem wegen des schlechten Wetters –, ist sie 2018 wieder deutlich angestiegen. Mit einem Plus von 27 Prozent erreichte sie 5,5 Millionen.
Der Trend zum Elektrofahrrad hat sich dabei laut der Radreiseanalyse des ADFC fortgesetzt: Rund ein Viertel der Urlauber war mit einem E-Bike unterwegs, im Jahr 2017 waren es 18 Prozent.
Neben den mehrtägigen Radreisen gab es im Jahr 2018 laut der Studie 258 Millionen Tagesausflüge mit dem Zweirad. Weitere Ergebnisse: 64 Prozent aller Radreisenden sind Männer, der Altersdurchschnitt liegt bei 52 Jahren. 88 Prozent der Radreisenden sind individuell unterwegs.
Die beliebtesten Radfernwege hinter dem Weser-Radweg und dem Elberadweg sind auf Platz 3 der Ruhrtal-Radweg und auf Platz 4 der Donauradweg. Dahinter folgen der Bodensee-Radweg, der Main-Radweg, der Mosel-Radweg, der Rheinradweg, der Ostseeküsten-Radweg und der Bodensee-Königsee-Radweg.
