Nach SPD-Austritt Nach SPD-Austritt : Dauer-Kritiker tritt an - Reserveoffizier Bösker ist OB-Kandidat

Dessau-Roßlau - Bislang hat Roland Bösker die Dessau-Roßlauer Kommunalpolitik eher kommentiert - oft gut informiert, bisweilen auch deftig. Nun will der 51-jährige Reserveoffizier der Bundeswehr eingreifen und für das Amt des Oberbürgermeisters kandidieren. Warum? Bösker überlegt lange am Telefon: „Wenn man viel zu meckern hat, muss man auch Alternativen anzubieten haben.“
Dass er gerne und viel meckert über die hiesige Politik, lässt sich unter anderem auf seinem Internet-Blog „Politische Perspektiven“ nachlesen. Hier nimmt er insbesondere die Fraktionsseiten des Amtsblatts aufs Korn. Richtig gut kommt da meist keine der Stadtratsfraktionen weg.
Bösker würde die Dessauer Kavalierstraße zu einer Fahrradstraße machen
Er möge es besser machen, sei eine Reaktion auf seinen Blog. „Das versuche ich jetzt mit der Kandidatur.“ Seine politischen Ziele sind dabei teils schon sehr konkret. Als OB würde Bösker etwa die Kavalierstraße zur Fahrradstraße erklären, in der Fußgänger und Radler Vorrang hätten, Pkw dagegen nur noch mit Schrittgeschwindigkeit passieren dürften. „Damit steigert man die Aufenthaltsqualität, was die Straße auch für Geschäfte wieder attraktiver machen würde“, argumentiert er.
Der Ausbau des Radwegenetzes steht ebenfalls weit oben auf Böskers Agenda. Dass er privat selbst das Rad bevorzugt und gar kein Auto besitzt, bekennt er offen. „Klar macht man sich mit solchen Themen nicht bei allen beliebt. Aber das will ich auch gar nicht.“
Bösker strebt Beitritt zum Mitteldeutschen Verkehrsverbund an
Ein weiteres seiner Ziele ist der Beitritt Dessau-Roßlaus zum Mitteldeutschen Verkehrsbund (MDV). „Wer von Leipzig oder Halle mit dem Zug nach Dessau pendelt, braucht zwei Tickets.“ Das sei nicht nur „idiotisch“, sondern mindere auch die Attraktivität der Stadt. Als freiberuflicher Texter, Medien- und PR-Berater will er daneben die Außendarstellung der Stadt verbessern sowie einen zügigen Wandel zur digitalisierten Verwaltung vorantreiben, die ihre Dienstleistungen online anbietet. Eine Forderung, die er mit fast allen Kandidaten teilt.
Politisch lässt sich Bösker nicht klar verorten. Bereits mit 15 trat der gebürtige Nordrhein-Westfale in Niedersachsen in die Junge Union, der Jugendorganisation der CDU/CSU, ein. Er brachte es bis zum Landespressesprecher. Beim Studium der Politik und Geschichte habe er seinen Hang zum Liberalismus entdeckt. Auf einen FDP-Eintritt sei jedoch schnell die Erkenntnis gefolgt, dass er eher einem sozialliberaleren Ansatz zuneige.
Bösker zog 2017 nach Dessau und war zuletzt bei der SPD aktiv
Von Bremen zog es Bösker 2017 mit seiner Partnerin nach Dessau, wo er schließlich der SPD beitrat. Nach kurzer Tätigkeit als Leiter des Fraktionsbüros und Vorsitzender des SPD-Ortsverbands I gingen die Wege bald wieder auseinander. „Mir kam da programmatisch zu wenig und es hat auch persönlich nicht gepasst.“ Wie aus SPD-Kreisen zu hören ist, beruht diese Einschätzung auf Gegenseitigkeit.
Entsprechend stellt sich Bösker parteilos und ohne politische Unterstützung zur Wahl. Für ihn passt das ins Konzept. „Ich bin ein offener Kopf. Ich traue mir, je nach Thema wahlweise mal der CDU und mal den Grünen Recht zu geben.“ Für Leute, denen es genauso gehe, sei er die Alternative.
OB-Kandidat hat Verwaltungserfahrung bei der Bundeswehr gesammelt
Verwaltungserfahrung habe er bei der Bundeswehr gesammelt. Bösker bekleidet den Rang eines Oberstleutnants und war nach eigenen Angaben Dezernent auf Bundesebene im Bonner Streitkräfteamt. „Ich kenne mich also mit Verwaltung aus.“ Regelmäßige Einsätze für die Bundeswehr, wie im vergangenen Jahr im Irak, gehören ebenfalls zu seinem Reservistenleben. Für ein OB-Mandat würde er die Armee selbstverständlich zurückstellen, unterstreicht er.
Obwohl er sich schon als Außenseiter im Rennen um das Amt versteht, rechnet sich der Offizier durchaus Chancen aus. „Immerhin können alle Kandidaten nur über die sozialen Netzwerke Wahlkampf machen.“ Und dort fühlt sich Bösker wohl, diskutiert gerne in den Kommentarspalten. Ob ihm das aber auch politisches Kapital einbringt? In der Facebook-Gruppe „Dessau - meine Heimatstadt“ zeigte er sich bei einer Frage zu seinem Wahlprogramm mitunter dünnhäutig. Seine Antworten legten ihm einige Nutzer als Überheblichkeit aus. Manche erklärten ihn daraufhin direkt für nicht wählbar. (mz)