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Nach Großbrand in Waldersee Nach Großbrand in Waldersee: Was nützen Blitzableiter?

Von silvia Bürkmann 13.07.2019, 07:00
Ein Blitz sucht sich für die Entladung der elektrischen Ströme durchaus nicht immer den höchsten Punkt der Umgebung.
Ein Blitz sucht sich für die Entladung der elektrischen Ströme durchaus nicht immer den höchsten Punkt der Umgebung. Thomas Klitzsch

Dessau-Rosslau - Der Mann aus Dessau stand eines Tages in der MZ-Redaktion. Der Blitzeinschlag in Waldersee? Das ausgebrannte Mehrfamilienhaus? Hatten die da keinen Blitzableiter? Und wenn doch: Warum hat der eigentlich nichts genützt? Muss ich mir Sorgen machen?

Mitte Juni hatte in einer Gewitternacht in der Alten Mildenseer Straße ein Blitz eingeschlagen und ein Großfeuer ausgelöst. Etwa 600 000 Euro betrug der Schaden. Acht Familien standen fast vor dem Nichts.

Dessau-Roßlau hat keine Statistik über die Häufigkeit von Blitzeinschlägen

Das Haus war geschützt durch mehrere Blitzableiter. Warum hat sich der Blitz hier trotzdem entladen und wie oft überhaupt sind Häuser in der Stadt betroffen? Bei der Berufsfeuerwehr im Amt für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst der Stadt Dessau-Roßlau gibt es dafür keine Statistik: „Die Häufigkeit von Blitzeinschlägen in Gebäuden, von denen wir erfahren, ist zu gering“, fasst Pressesprecher Carsten Sauer die Aussagen aus der Innsbrucker Straße zusammen. Die marginale Datenlage mache auch Vergleiche zu Vorjahren und Aussagen zu Trends unmöglich. In der Regel bekomme man einen Blitzeinschlag erst mit, wenn Anrufer einen Notfall melden.

Blitzeinschläge, die zum Einsatz der Feuerwehr führen, sind aber äußerst selten. Die elektrischen Entladungen werden meist vom Gebäude abgeleitet, ohne größere Schäden zu hinterlassen. Der Blitzeinschlag mit nachfolgendem Feuerwehrgroßeinsatz in Waldersee war also eine absolute Ausnahme. Die genaue Ursache bleibt unklar. Über die Wirksamkeit von Blitzableitern urteilen die Brandschützer der Stadt jedenfalls vorsichtig: Ein Blitzableiter verhindert keinen Blitzeinschlag, aber er mildert Gebäudeschäden, meinen die Experten.

Siemens hat ein BLIDS-System, das Blitze misst - Sachsen-Anhalt steht dabei im hinteren Mittelfeld

Das turbulente elektrische und meteorologische Geschehen in der Erdatmosphäre über Europa misst der Blitz Informationsdienst von Siemens (BLIDS) an 155 Stationen auf dem Kontinent. Der jährlich von Siemens veröffentlichte „Blitzatlas“ erfasst so die Blitzentladungen in insgesamt 403 Städten und Landkreisen Deutschlands.

Sachsen-Anhalt hält sich in der BLIDS-Statistik zurück. Fast 20000 Blitze sind 2017 eingeschlagen. Das waren zwar 5000 mehr als 2016, aber im Vergleich mit den anderen Bundesländern landete Sachsen-Anhalt erst auf Platz 12 von 16. Seltener als in Sachsen-Anhalt schlugen Blitze nur in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen ein. Zum Vergleich: Spitzenreiter Bayern bringt es auf 100000 Blitze.

In Sachsen-Anhalt registriert wurden 2017 nicht nur mehr Blitze, sondern auch eine auffallende Verschiebung: Waren 2016 noch die nördlichen Regionen wie die Altmark stark betroffen, hat sich im Folgejahr das Gewicht deutlich in den Süden verschoben. 2017 schlugen mit knapp 3000 die meisten Blitze im Burgenlandkreis ein. Das macht bezogen auf die Fläche eine Blitzquote von 2,04 Einschlägen pro Quadratkilometer. Das Jerichower Land im Norden zählte mit 566 Blitzen und einer Quote von 0,36 zu den Schlusslichtern in Deutschland.

Das Nord-Süd-Gefälle spiegelt sich auch in den kreisfreien Städte wider: In der Landeshauptstadt Magdeburg wurden 2017 insgesamt 129 Bodenblitze registriert, das sind bezogen auf die Fläche 0,64 Blitze pro Quadratkilometer. In Halle hat es 2017 insgesamt 128 Blitze gegeben, bei der Blitzdichte aber eine Quote von 0,95 Blitzen pro Quadratkilometer. Fast die gleiche Quote schafft Dessau-Roßlau mit 0,94. Bei der Gesamtzahl der Blitze aber liegt die Doppelstadt mit 230 vor den größeren Nachbarn

Experten sehen keinen 100-prozentigen Schutz vor dem Naturphänomen

Was ist zu tun und zu beachten bei Blitz und Donner? „Eine 100-prozentige Garantie gibt es nicht. Ein Gewitter ist ein nicht berechenbares Naturphänomen und gewaltiges Schauspiel - von sicherer Stelle aus gesehen“, sagt Jörn von der Heydt. Der Roßlauer Unternehmer ist mit seinem Servicebetrieb auch mit Blitz- und Überspannungsschutz befasst.

Ein richtig installierter Blitzableiter mache ein Haus schon ziemlich sicher, sagt von der Heydt. Der aber auch schon erlebt hat, dass der Blitz nicht immer am höchsten Punkt einschlägt: Vor 20 Jahren etwa sah er zufällig einen Blitz in eine Gartenlaube einschlagen mit sofortiger Qualm- und Brandentwicklung. Seltsam: Rundherum standen viel höhere Bäume. Das war damals schon in Waldersee.

(mz)

Am 12. Juni schlug in der Alten Mildenseer Straße der Blitz ein. Feuer und Löschwasser machten das Mehrfamilienhaus komplett unbewohnbar.
Am 12. Juni schlug in der Alten Mildenseer Straße der Blitz ein. Feuer und Löschwasser machten das Mehrfamilienhaus komplett unbewohnbar.
Ruttke