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Nach Erfolg in Törtener Straße Nach Erfolg in Törtener Straße: Projekt Selbsterntegärten soll ausgeweitet werden

Von Heidi Thiemann 22.01.2018, 13:16
Der Gärtnertreff am Mittwoch hat sich etabliert. Viele machen hier mit.
Der Gärtnertreff am Mittwoch hat sich etabliert. Viele machen hier mit. Brückner/Urbane Farm

Dessau - Wird der Nutzgarten des Luisiums bald für die Solidarische Landwirtschaft genutzt, Kohl, Salate, Kartoffeln und mehr angebaut? Gut möglich, sagen Heike Brückner und Jan Zimmermann von der Urbanen Farm. „Der Garten liegt brach. Er ist eine Option für uns. Wir sind dazu ins Gespräch gekommen.“

Projekt hat viel Potenzial

Informiert haben sie darüber am Donnerstagabend im Bürger-, Bildungs- und Freizeitzentrum. Sturmtief „Friederike“ verhinderte wohl, dass etliche Besucher mehr kommen. Denn im vergangenen Jahr, als Brückner, Zimmermann und Christiane Hanff, Landwirtin aus Oranienbaum, über ihr Vorhaben mit der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) im Dessauer Stadtumbaugebiet Am Leipziger Tor berichteten, war der Raum rappelvoll.

Das Prinzip hinter der Solawi ist einfach: Ein Erzeuger und seine Abnehmer bilden eine Gemeinschaft. Die Ernte dessen, was vor Ort vom Landwirt angebaut wird, wird geteilt. Die Abnehmer wissen also genau, wer ihr Obst und Gemüse wo produziert. Es kommt nicht per Schiff, Flugzeug oder Lkw aus anderen Ländern, sondern von vor Ort frisch auf den Tisch - fair produziert und fair bezahlt. Was auch heißt: Gemeinsam von Produzent und Abnehmer wird das Risiko getragen, wenn eine Ernte nicht so glücken oder ausfallen sollte.

166 Betriebe und 114 Initiativen in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Im deutschsprachigen Raum funktioniert das Prinzip vielerorts. Aktuell 166 Solawi-Betriebe sowie mindestens 114 Solawi-Initiativen gibt es in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und funktioniert’s auch in Dessau? „Die Testphase hat ermutigt weiterzumachen. Da steckt Potenzial drin“, ist sich Brückner sicher. Für fünf Euro gab es je einmal monatlich eine große Tüte mit reichlich Ernte: Radieschen, Feldsalat, Spinat, Pastinaken, Zwiebeln, Rote Beete, Möhren, Zucchini waren beispielsweise dabei. „Wir haben eine ganze Woche davon gelebt“, sagt Jürgen Vandersee, einer der ersten zwölf Abnehmer. „Wir haben das sehr gerne genommen.“

Auf die Idee mit der Solawi sind Brückner, Mitarbeiterin im Bauhaus, und Zimmermann, diplomierter Gartenplaner und Gärtner, gekommen, weil es in der Stadt nach dem Abriss zahlreicher Häuser so viele Brachflächen gibt. Nach dem Besuch von zwei Solawi im Raum Leipzig war bei ihnen und den Interessenten klar, das soll es auch in Dessau geben. Vor ein paar Jahren schon hatten beide die Urbane Farm ins Leben gerufen. Die neue Stadtlandschaft produktiv machen, gesunde Lebensmittel und erneuerbare Energien genau dort zu produzieren, wo sie gebraucht werden, haben sie im Sinn.

Neustart soll im Frühjahr sein

Vor vier Jahren entstand das erste Versuchsfeld mit Blauen Kartoffeln im Bereich Törtener und Schützenstraße. Mittlerweile ist ein Gemeinschaftsgarten entstanden. Immer mittwochs von 14 bis 16 Uhr laden sie ein zum Gärtnertreff. Jeder ist willkommen zum Pflanzen, Pflegen, Graben, Gießen und sich auszutauschen. Einzelpersonen und Familien - Deutsche wie Afrikaner - machen inzwischen mit.

Doch auf den Flächen geht noch mehr. Die Solawi soll verstetigt, aber auch das Angebot der Selbsterntegärten ausgebaut werden. Vier Flächen, davon drei in Dessau-Nord, gab es dafür im vergangenen Jahr - vier Familien haben sie genutzt.

Die Beete wurden von der Gärtnern der Urbanen Farm vorbereitet - sie zu pflegen, zu gießen, zu ernten, war den Nutzern vorbehalten. Die zahlten dafür Miete. „In diesem Jahr“, sagt Brückner, „haben wir mehr Flächen.“ Auch mit Pflegetipps und mit Rezepten steht die Urbane Farm den Selbsterntegärtnern zur Seite.

37 verschiedene Sorten stehen auf dem Anbauplan

Wer Interesse an den Selbsterntegärten hat oder an der Solawi, kann sich bis Mitte Februar melden. Im März/April wird dann mit der Solawi gestartet, sollen diejenigen, die einen Ernteteil erwerben, wöchentlich - so der Wunsch - mit Gemüse versorgt werden. 37 verschiedene Sorten stehen auf dem Anbauplan. Die Saison im Selbsterntegarten startet im Mai. (mz)