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Nach Ende von Down Below Nach Ende von Down Below: Sänger Neo aus Dessau arbeitet an seiner Solo-Karriere

Von Daniel Salpius 25.11.2018, 11:00
Matthias Barwig alias Neo.
Matthias Barwig alias Neo. Carsten Stolze

Dessau - Geerdet - das ist das Wort, das Matthias Barwig, alias Neo, vielleicht am besten beschreibt. Und das, obwohl der 39-Jährige mit seiner Band „Down Below“ erreicht hat, wovon die meisten Musiker allenfalls leise träumen: 2007 Auftritt bei Rock am Ring, 2008 dritter Platz bei Stefan Raabs Bundesvision Songcontest, 2010 und 2011 auf Tour mit den Chartstürmern „Unheilig“. Ein Jahr später stieg die Dessauer Band mit ihrer Mischung aus Alternative Rock, Metal und Gothic dann selbst in die Charts ein - landete mit dem Album „Zeichen“ auf Platz 81.

2016 ist Schluss. Auf eigenen Wunsch. „Erfolgreich zu sein, wurde immer schwerer. Jeder von uns hätte 120 Prozent geben müssen“, beschreibt Neo. Der klare Schnitt ist auch seiner instinktiven Angst geschuldet, materiell abhängig zu sein von der Musik. „Wenn ich meine Leidenschaft verkaufen muss, wie frei bin ich dann in meiner Kunst?“ Neo redet in ruhigem Basston. Jedes Wort ist abgewogen, kommt von innen. Noch in den Spiegel schauen zu können, darum geht es dem Dessauer.

Nach dem Ausfallschritt vorbei am Profigeschäft folgt für Neo künstlerisch 2017 eine Selbstfindungsphase. Was nach Rückzug klingt, ist das Gegenteil. Sein Manager bucht dem Musiker eine Solo-Tour, auf der er allein mit Gitarre und Klavier durchs Land reist.

Als Kind erlebt Neo zu Hause Gewalt und Scheidungskrise

Am Anfang sei es für ihn schwer gewesen, persönliche Songs zu schreiben, erzählt Neo. „Ich war es gewohnt, für andere Leute und nach Vorgaben zu schreiben.“ Wenn man plötzlich nicht mehr darüber nachdenken müsse, was die Leute wollen, sei man zuerst leer. Um den eigenen Lebensweg musikalisch zu verarbeiten, habe er erst alte Emotionen beschwören müssen, vor allem aus der Kindheit. „Dafür braucht man einen Hang zum Leiden.“

Als Kind erlebt Neo zu Hause Gewalt und Scheidungskrise. „Meine häusliche Situation war katastrophal.“ Kurz nach der Wende haut er ab, lebt ein Jahr lang in Magdeburg unter Punks auf der Straße. Über einen Streetworker bekommt er in Zerbst einen Platz im Kinderheim, gründet dort seine erste richtige Band und schließt die Schule ab.

All das finde sich auf seinem Ende August erschienen Album wieder, das passenderweise „Lebenslinien“ heißt. Jede Zeile darauf sei authentisch. In seinen Texten übt er auch Gesellschaftskritik, arbeitet sich an Leistungsdruck, Konsumwahn und täglichen Lebenslügen ab. Das Cover ziert einzig eine EKG-Linie auf schwarzem Grund. „Die ist original von meinem Herzen. Wegen eines kleinen Herzfehlers schlägt mein Herz auf seine Weise.“ Die Linie sei für ihn ein Symbol für das Auf und Ab im Leben. Im Januar startet Neo seine erste Solo-Tour mit Band.

Neo hat mit „Goitzsche Front“ Fanhymne für Mitteldeutschen Basketball Club aufgenommen

Irgendwie steht er doch stets mit halbem Bein im Profilager, schreibt Songs für namhafte Künstler wie „Eisbrecher“. Mit der Bitterfelder Band „Goitzsche Front“ hat Neo jüngst eine Fanhymne für die Wölfe vom Mitteldeutschen Basketball Club aufgenommen.

Neos Anker im „normalen“ Leben ist die Arbeit als Erzieher in einem Dessauer Kinderheim. Seine eigene Heimleiterin hatte ihn auf diesen Weg gebracht. „Du kommst von der Straße, du weißt, was in den Jugendlichen vorgeht“, hatte sie ihm gesagt. Und sie behielt Recht. „Meine Arbeit ist mir zu wichtig, um sie ganz für die Musik aufzugeben“, so der 39-Jährige. Er könne den Kindern etwas geben, mit ihnen Musik machen. Das sei sinnstiftend. „Abends fahre ich dann nach Hause und glaube, es war gut, dass ich dort war.“ (mz)