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MZ-Mobil in Piethen MZ-Mobil in Piethen: Polternde Lkw zerren weiter an den Nerven

Von Helmut Dawal und Wladimir Kleschtschow 28.07.2003, 16:39

Piethen/MZ. - Zufrieden ist Renneberg allerdings nicht. "Die Geräusche, die vor allem durch die schweren Lkw verursacht werden, sind nicht weniger geworden", sagte er. Hinzu komme, dass durch die Erschütterungen an einigen Häusern schon Risse im Putz entstanden sind.

Das wollen die Anwohner nicht länger hinnehmen. Renneberg will Unterschriften der Anwohner sammeln und sie dann an die zuständigen Stellen weiterleiten. Und er sprach sogar davon, eine Sitzblockade zu organisieren.

Bürgermeister Waldemar Stary, der auch beim MZ-Mobil vorbeischaute, äußerte zum Thema Hauptstraße, dass er schon beim zuständigen Straßenbauamt in Sangerhausen gewesen sei. "Uns ist dort klar gemacht worden, dass es an einen Straßenausbau erst dann gehen kann, wenn alle Versorger an einem Tisch sitzen", sagte er. So müsste im Zuge des Straßenausbaus beispielsweise die aus den 60er Jahren stammende Trinkwasserleitung erneuert werden. Auch Abwasserleitungen müssten dann mit verlegt werden. "Doch gerade beim Abwasser ist ja allen bekannt, dass es viele Probleme mit dem Abwasserzweckverband gibt und unsere Gemeinde den Austritt beschlossen hat", erklärte der Bürgermeister.

Der polternde Durchgangsverkehr, so schien es, ist die einzige Sorge, die die Piethener plagt. "Wir fühlen uns wohl in unserem Dorf", berichtete Petra Hengstmann. In der Gemeinde gebe es einen großen Zusammenhalt, der sich auch darin äußert, dass viel gemeinsam unternommen wird. "Erst vor zwei Wochen haben wir in unserer Straße ein Straßenfest gefeiert, das ganz spontan organisiert wurde", erzählte Frau Hengstmann. Rund 30 Leute hätten zusammen gesessen, es wurde gegrillt und Bier getrunken, auch viele Jugendliche hätten sich eingefunden. "So ein Straßenfest ist eine schöne Sache, und es hilft, auch mit den Nachbarn ins Gespräch zu kommen, wenn es mal eine kleine Streitigkeit gegeben hat", sagte die Piethenerin.

Wie die MZ-Redakteure erfuhren, ist inzwischen auch das erneuerte Gemeindewohnhaus fertiggestellt worden, haben es sich die Mieter in ihren neuen vier Wänden gemütlich gemacht. Sieben Wohnungen sind nach Auskunft von Waldemar Stary belegt, die achte steht noch leer. Dass die letzte Wohnung noch keinen Mieter hat, kommt dem Bürgermeister sogar gelegen. "Jetzt hat sich herausgestellt, dass in einer Wohnung der Fußboden noch mal gemacht werden muss. Da können wir dann die noch leerstehende Wohnung gut gebrauchen", meinte er. Nun müsse noch das Umfeld der Hauses in Ordnung gebracht werden, was demnächst geschehen soll.

Bekanntschaft schlossen die MZ-Redakteure auch mit Kurt Kluge. "Ich bin der fleißigste Kirchengänger", stellte er sich schmunzelnd vor. Jeden Sonntag macht er sich auf den Weg zur Kirche und zieht die Kirchturmuhr auf. Seit 1992 kümmert er sich darum, dass die Uhr die richtige Zeit anzeigt - einfach so und ohne viel Aufhebens darum zu machen.

Kluge geht in seiner Freizeit noch einer anderen Beschäftigung nach. Als ehrenamtlicher Denkmalpfleger interessiert er sich für Archäologie und hat für die Dinge, die hin und wieder zu Tage kommen, einen besonderen Blick entwickelt. So auch für einen uralten Grabstein, der erst vor wenigen Wochen an der Kirche gefunden wurde und der auf der einen Seite ein Relief und auf der anderen Seite eine Inschrift hat. "Als ABM-Kräfte Gestrüpp wegräumten, war dieser Stein plötzlich da", erzählte Kluge. Seit seiner Schulzeit befasst sich der Piethener mit der Archäologie, sein Geschichtslehrer konnte ihn seinerzeit dafür begeistern. Die Funde, die er beispielsweise bei Spaziergängen entlang der Fuhne macht, übergibt er dem Museum für die Archivierung.

Nicht zuletzt lernten die Redakteure noch eine alte Dame kennen - Anneliese Becker. "Meine Mutter hat das Gedicht geschrieben, das in unserer Festschrift abgedruckt wurde", verriet sie. Zur 1030-Jahr-Feier von Piethen hatte sich ein fünfköpfiges Autorenkollektiv viel Mühe gemacht, in Chroniken geblättert, alte Bilder herausgesucht und aus all dem eine Festschrift zusammen gestellt. Darin befindet sich auch das Gedicht von Anna Cee, die einst als Umsiedlerin in Piethen eine neue Heimat fand und hier bis zu ihrem Tode im Jahr 1976 lebte.

Dieses Gedicht hatte Anna Cee für die 1000-Jahr-Feier geschrieben, doch wurde es damals aus unerklärlichen Gründen nicht veröffentlicht. Jetzt wurden die Verse, die Piethen als einen liebenswerten Ort beschreiben, erstmals veröffentlicht.