Mordfall Yangjie Li Mordfall Yangjie Li: Xenia I. stand unter dem Einfluss von Sebastian F.
Dessau - Im Prozess um den Mord an Yangjie Li hat die Jugendgerichtshilfe empfohlen, bei Sebastian F. das Erwachsenenstrafrecht und bei Xenia I. das Jugendstrafrecht anzuwenden. Carola Kreiseler-Möbes vom Jugendamt in Dessau-Roßlau hatte am Dienstag ihre Einschätzung am Landgericht vorgelegt.
Sie folgte damit dem Urteil des forensischen Psychiaters Bernd Langer, der ebenfalls zu diesem Schluss gekommen war. Welches Strafrecht angewendet wird, ist entscheidend für das Strafmaß. Die beiden 21-Jährigen sind des gemeinschaftlichen Mordes und der Vergewaltigung angeklagt.
Xenia I. hat es nie geschafft, sich zu einer selbstbewussten Persönlichkeit zu entwickeln
„Xenia I. ist noch nicht gefestigt, ihr Reifeprozess ist nicht abgeschlossen“, erklärte die Jugendgerichtshelferin am 27. Prozesstag. „Durch erzieherische Einflussnahme ist eine Nachreifung möglich.“
Kreiseler-Möbes führt ihr Urteil auf die Biografie der 21-jährigen Angeklagten zurück, die durch sexuellen Missbrauch des Stiefvaters traumatisiert worden sei. Auch die Zurückweisung der Mutter habe sie erleben müssen. Seit dem elften Lebensjahr verletzte sie sich selbst durch „Ritzen“, mit den Aufgaben des Alltags sei sie überfordert gewesen.
Ihre Beziehungen seien von Gewalt geprägt gewesen, vor allem mit Sebastian F. „Xenia I. hat es nie geschafft, sich zu einer selbstbewussten Persönlichkeit zu entwickeln und sich dem Einfluss von Sebastian F. zu entziehen. Sie klammerte und hatte massive Verlustängste. Das spricht für eine mangelnde Persönlichkeitsentwicklung.“ In der Justizvollzugsanstalt ist Xenia I. in psychologischer Behandlung und nehme Beruhigungsmittel.
Sebastian F. ist kaum belehrbar und erzieherische Mittel wirken kaum
Bei Sebastian F. hingegen sieht die Jugendgerichtshelferin kein Entwicklungspotenzial - „aufgrund seiner Persönlichkeit und seines Krankheitsbildes“. Die Entwicklung hält sie für abgeschlossen. Sebastian F. hat als Kind Gewalt vom Vater erfahren, war durch seine Aggressivität früh verhaltensauffällig.
Diagnostiziert wurde eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in Verbindung mit gestörtem Sozialverhalten. Es folgten Behandlungen in Psychiatrien. Als außergewöhnlich gefühlskalt hatte Anfang April der Rechtspsychiater Sebastian F. beschrieben und eine kombinierte Persönlichkeitsstörung attestiert.
Er steht in der Entwicklung einem Erwachsenen näher als einem Jugendlichen“, erklärte am Dienstag Kreiseler-Möbes. „Es gibt eine gewisse Lebensplanung und Eigenständigkeit gegenüber der Mutter, er traf selbstständige Entscheidungen.“
Auch im Tatzeitraum sei seine Persönlichkeit bereits gefestigt gewesen. Zudem sei die Tat kein „jugendtypisches Fehlverhalten“, so die Jugendgerichtshelferin. „Seine Eigenschaften bestehen über einen langen Zeitraum, er weicht nicht von seiner Einstellung ab. Sebastian F. ist kaum belehrbar und erzieherische Mittel wirken kaum - auch vor dem Tatzeitraum nicht.“
Verteidiger beschreibt Sebastian F. als Tagträumer
Die Verteidigung von Sebastian F. bezweifelte diese Einschätzung und verwies auf Zeugen. Diese hätten ihn als Tagträumer und unreifen Jungen bezeichnet. Aus Sicht der Verteidigung sei Sebastian F. in seiner Persönlichkeit noch nicht ausgereift.
Ob für diese Einschätzung im Rahmen der Beweisaufnahme weitere Zeugen geladen werden sollen, ließ Anwalt Marco Bennewitz offen.
Der Verhandlungstermin in der kommenden Woche ist aufgehoben worden. Der Prozess wird am 9. Mai fortgesetzt. (mz)