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Mordfall Yangjie Li Mordfall Yangjie Li: Innenminister Holger Stahlknecht suspendiert Polizeichef

Von Steffen Brachert und Alexander Schierholz 06.06.2016, 15:30
Kondolenzbuch für Yangjie Li im Dessau-Roßlauer Rathaus.
Kondolenzbuch für Yangjie Li im Dessau-Roßlauer Rathaus. Annette Gens

Dessau-Rosslau - Landes-Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat dem Chef des Dessauer Polizeireviers die Ausübung der Dienstgeschäfte untersagt. Der Grund: Jörg S., Stiefvater des 20-jährigen Tatverdächtigen im Mordfall Yangjie Li, hatte am Freitag gemeinsam mit seiner Frau Ramona S., Mutter des Tatverdächtigen und ebenfalls Polizistin, in Dessau überraschend ein Gartenlokal eröffnet.

Dabei sind die beiden Beamten derzeit krankgeschrieben. Die Suspendierung wurde S. am Montag per Boten zugestellt. In der Zwischenzeit wurden von der entsprechenden Facebook-Seite Bilder und ein Video von der Eröffnung der Gaststätte gelöscht.

Die Kneipen-Eröffnung nur einen Tag nach der Trauerfeier für die ermordete chinesische Studentin wertete Stahlknecht als „fatales Signal“. „Der Revierleiter wird damit dem moralischen Anspruch und der Vorbildfunktion als Führungskraft in der Polizei nicht gerecht“, sagte Stahlknecht der MZ. „Das ist auch eine Frage von sozialer Kompetenz und Integrität.“ S. könne deswegen, so Stahlknecht, nie wieder in der Wahrnehmung der eigenen Polizei-Kollegen und der Bevölkerung vorurteilsfrei das Amt als Dessau-Roßlauer Polizeichef ausüben. Laut Stahlknecht wird auch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens geprüft.

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Das droht auch Ramona S. „Im Hinblick auf die Tatsache, dass beide nicht dienstfähig sind, hatten wir Zurückhaltung bei der Eröffnung erwartet“, sagte Maik Strömer, ein Sprecher der Polizeidirektion Ost. Auf Facebook veröffentliche Fotos der Eröffnung erwecken den Eindruck einer unbeschwerten und ausgelassenen Feier.

Jörg und Ramona S. rücken in den Fokus

Die Polizeidirektion Ost bestätigte, dass Ramona S. einen „Antrag auf Nebentätigkeit zum zeitlichen Betrieb von Gasträumen im Interesse einer Gartensparte“ schon im vergangenen August gestellt hat. Die Genehmigung wurde Ende März erteilt. Der Eröffnungstermin am 4. Juni hatte schon länger festgestanden.  Auflagen habe es nicht gegeben. „Nebentätigkeiten sind nicht grundsätzlich verboten“, erläuterte Strömer.

Dienstliche Belange müssten aber immer Vorrang haben und die Nebentätigkeit dürfte dem Ansehen der Beamten nicht widersprechen. Und: „Der Zeitrahmen für die Nebentätigkeit darf im Regelfall nicht mehr als acht Stunden in der Woche betragen. Auf diese Grenzen wurden die Beamten im Bescheid zur Nebentätigkeit ausdrücklich hingewiesen.“

Staatsanwaltschaft leitet Prüfvorgänge ein

Jörg und Ramona S. rücken damit immer stärker in den Blickpunkt. Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Magdeburg zwei Prüfvorgänge eingeleitet hat, um die Rolle des Polizisten-Paares in den Ermittlungen im Mordfall Yangjie Li und auch bei früheren Ermittlungen gegen den 20-jährigen Sohn zu untersuchen.

Der Tatverdächtige war in der Vergangenheit an 40 Verfahren beteiligt. Der junge Mann sitzt seit dem 23. Mai in Untersuchungshaft. Ihm und seiner ebenfalls 20 Jahre alten Lebensgefährtin wird gemeinschaftlicher Mord an der chinesischen Studentin Yangjie Li vorgeworfen.

Unterdessen sollen sich auf Antrag der Linken der Innenausschuss und auch der Rechtsausschuss des Landtages mit dem Mordfall befassen. „Für uns ergeben sich eine Reihe von Fragen. Mir ist nicht klar, warum sich angesichts der internationalen Dimension nicht der Generalstaatsanwalt den Fall auf den Tisch zieht“, sagte die Linken-Innenexpertin Henriette Quade der MZ. (mz)