Mord in Dessau Mord in Dessau: Polizisten nach Tod von Yangjie Li im Zwielicht
Dessau - Bei Justiz und Innenministerium gehen die Meinungen im Fall zur ermordeten chinesischen Studentin Yangjie Li auseinander.
Während die Staatsanwaltschaft „nicht den leisesten Hauch eines Anfangsverdachts“ hat, dass der Stiefvater und die Mutter des Haupttatverdächtigen Ermittlungen behindert haben, prüft das Innenministerium, ob die beiden Polizeibeamten aus ihren bisherigen Einsatzbereichen abgezogen werden. Die Mutter, die als Landespolizistin offenbar freiwillig in der Ermittlergruppe „Anhalt“ helfen wollte, und der Stiefvater, der Leiter des Dessauer Polizeireviers ist, sind nach MZ-Informationen aktuell krankgeschrieben.
Dienstaufsichtsbeschwerde gestellt
„Mit der Prüfung soll auch in der Öffentlichkeit laut gewordenen Sorgen, dass es möglicherweise zu Behinderungen bei der Aufklärung der Tat kommen könnte, begegnet werden“, sagt Innenministeriumssprecher Stefan Brodtrück. Mittlerweile sei auch das Landeskriminalamt eingeschaltet worden. „Es soll ermitteln, ob es möglicherweise Hinweise darauf gibt, dass in der Vergangenheit geführte polizeiliche Ermittlungen gegen die Beschuldigten des Tötungsdeliktes nicht im erforderlichen Maß erfolgt sein könnten“, so Brodtrück.
Wie die MZ erfuhr, soll sich die Mutter des 20 Jahre alten Tatverdächtigen schon in frühere Ermittlungen gegen ihren Sohn eingemischt haben. Dabei soll es unter anderem um den Vorwurf der Brandstiftung gegangen sein.
Unterdessen haben die Eltern der getöteten Yangjie Li eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Oberstaatsanwalt Folker Bittmann gestellt. Trotzdem sieht das Justizministerium keinen Grund, eine andere als die Dessauer Staatsanwaltschaft einzuschalten. „Es gibt keinen Anlass zu glauben, dass das Verfahren nicht sauber zu Ende geführt werden wird“, sagt Ministeriumssprecher Detlef Thiel. Das Team um Staatsanwalt Folker Bittmann würde „professionelle und objektive“ Arbeit leisten, an der es nichts zu beanstanden gäbe.
Unter Generalverdacht gestellt
Das sehen die Polizeigewerkschaften GdP und der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) anders. Mit seiner Strafanzeige gegen unbekannt habe Bittmann die Beamten der Polizeidirektion (PD) Sachsen-Anhalt Ost unter Generalverdacht gestellt. Er hatte Anzeige wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen erstattet. Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt, weil wohl Informationen öffentlich wurden, noch bevor der Dessauer Staatsanwalt sie hatte. Konkret geht es um MZ-Informationen zu einer DNA-Spur.
„Mit dieser Anzeige werden alle Polizisten in der Polizeidirektion als Verräter hingestellt“, sagt Hanno Schulz, Chef des BDK in Sachsen-Anhalt. „Das erschwert die tägliche Arbeit und frustriert gerade die Kollegen, die an diesem schwierigen Fall arbeiten. Der Druck ist ohnehin schon sehr hoch.“
Die Mordermittlungen werden seit Mittwoch von der PD in Halle geführt, die zwei zusätzliche Beamte nach Dessau geschickt hat, wie sie mitteilt. Insgesamt besteht die Ermittlungsgruppe nun aus 14 Polizisten. Bei Bedarf könne „jederzeit aufgestockt werden.“ (mz)