Mord an Yangjie Li Mord an Studentin in Dessau: Zorn und Entrüstung in China
Peking - Die Medien und die Netzgemeinde in China reagieren heftig auf die Festnahme eines deutschen Paares im Fall der in Dessau ermordeten Studentin Li Yangjie. Es herrschen Zorn und Entrüstung darüber, dass einer jungen Studentin so etwas in Deutschland zustoßen konnte. Wie zuvor stehen Zweifel im Raum, ob die Ermittlungen der Polizei korrekt waren.
Die staatliche Zeitung „Global Times“ will wissen, dass einer der beiden 20-jährigen Verdächtigen der Sohn der örtlichen Polizeichefin sei.
Damit überträgt sie ein in China häufiges Muster auf Deutschland: Dort rufen Kriminalfälle, in die Kinder hoher Beamter verwickelt sind, besondere Aufregung hervor. Den Eltern ist es früher oft gelungen, eine Strafverfolgung zu verhindern, weil die Kommunistische Partei in China die Kontrolle über Polizei und Justiz hat.
Viele Internetnutzer springen auf diese Sichtweise an. „In China würde den Verdächtigen nichts passieren, wenn sie mit der Polizeileitung verwandt sind“, schreibt Blogger „Gongzhongrenwu Weiguancha“.
Andere verwenden das Schlagwort „Guan Er Dai“, sinngemäß „die Kinder der Bonzen“, hier etwas überraschend im Zusammenhang mit Deutschland.
Viele, die mit den ursprünglichen Nachrichten vertraut sind, sondern nur nach Art der Stillen Post die Überschriften in den sozialen Netzwerken gesehen haben, zeigen sich erstaunt: Sie hätten nicht erwartet, dass es das Phänomen der „Guan Er Dai“ auch bei der deutschen Polizei gibt.
Die Global Times fordert unterdessen von Deutschland erneut, mehr für die Sicherheit chinesischer Staatsbürger zu tun. Schließlich kämen auch mehr und mehr von ihnen als Investoren ins Land.
Die „European Times“, eine chinesische Boulevardzeitung mit Sitz in Paris, geht bereits fest von einer Schuld der Verhafteten aus. „Was hat nur zwei Zwanzigjährige zu so einem schrecklichen Sexualverbrechen getrieben? Ging es wirklich nur um Sex, oder hatte der Mord auch einen rassistischen oder terroristischen Hintergrund?“
Einige Kommentatoren im Internet unterstellen der deutschen Polizei, mit allen Mitteln eine Aufklärung anzustreben – und dabei eine Teilschuld dem Opfer anzulasten. „Li Yangjie soll tot sein, weil sie freiwillig einen flotten Dreier hatte? Hat die Polizei Wasser im Kopf?“ Die Behörden seien doch überall gleich, schreibt unterdessen Blogger Zutan Yangzi’e.
Ein anderer Internetnutzer drückt sich noch drastischer aus. „Yangjie soll sich freiwillig mit ihrem Mörder getroffen haben. Sind die Juden auch freiwillig ins Konzentrationslager gegangen?“
Unter Hashtags wie #DeutschlandNachrichten auf der Blog-Plattform Weibo ist der Mord in Dessau inzwischen wieder das dominante Thema. Ein Auslandsstudent vor Ort schreibt unter der Überschrift „Verdammtes Deutschland“: „Ich gehe nach dem Studium schnell wieder hier weg und würde das auch jedem anderen empfehlen.“ Die Version vom freiwilligen Sex sei doch „barer Unsinn“, die Polizei versuche bloß, die Verantwortung von sich zu weisen. Fakt sei doch, das Mädchen sei tot.
Viele andere Deutschlandbeobachter in China haben die Nachrichten aus Sachsen-Anhalt jedoch genauer gelesen. Sie loben mittlerweile den schnellen Fahndungserfolg der deutschen Polizei und hoffen auf eine exakte und umfassende Aufklärung des Falls in den kommenden Tagen. (mz)