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Mit intelligenten Lösungen den Rotstift ansetzen

Von SYLKE KAUFHOLD 09.07.2009, 16:22

DESSAU/MZ. - "Und wir möchten eine Positionierung der Stadt zu unseren Einrichtungen", ergänzt Karola Pech.

Unter Trägerschaft des Vereins Frauenzentrum werden das sozial-kulturelle Frauenzentrum in der Törtener Straße, das Frauenhaus sowie die Interventionsstelle Häusliche Gewalt und Stalking betrieben. "Werden die Kürzungspläne des Finanzministers durchgesetzt, müssen wir alle drei Einrichtungen schließen", macht Gudrun Baartz dem Sozialdezernenten klar. Die Vorstandsfrauen weisen außerdem darauf hin, welche Auswirkungen dies letztlich auf die Kommune hätte. "Die Probleme sind ja dann nicht weg, sie treten an anderer Stelle zutage und werden dort unter Umständen teuerer", so Karola Pech. Beispielsweise dann, wenn Kinder, die jetzt mit ihren Müttern im Frauenhaus Aufnahme und Betreuung finden, in ein Kinderheim müssen.

32 Frauen lebten im vergangenen Jahr mit ihren Kindern für eine kurze oder längere Zeit im Dessauer Frauenhaus. "Die Anzahl nimmt, entgegen der demografischen Entwicklung, tendenziell zu, ebenso die Stärke der häuslichen Gewalt", macht Karola Pech, Mitarbeiterin im Frauenhaus, deutlich. Beate Uhlig beriet 2008 375 Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking, nicht nur in Dessau-Roßlau, sondern auch in Anhalt-Bitterfeld, Wittenberg und im Salzlandkreis, dem Einzugsbereich der Interventionsstelle. Sie arbeitet eng mit der Polizei zusammen und vermittelt den Opfern weiterführende Hilfemöglichkeiten, wie beispielsweise das Frauenhaus. Und nicht zuletzt besuchten im vorigen Jahr 8 000 Frauen das Frauenzentrum, wo sie sich geborgen fühlen, ihre Sorgen loswerden, Ansprechpartnerinnen bei sozialen Problemen finden und sich auch verwirklichen können. "Wir sind seit 20 Jahren tätig und haben uns als zuverlässiger sozialer Partner der Kommune bewiesen, der dann weg wäre", macht Gudrun Baartz aufmerksam.

"Wir sitzen auf der gleichen Seite", verdeutlicht Gerd Raschpichler seine Position. Auch er sieht die so geplanten Kürzungen als zu kurz gedacht. "Wir verlagern damit nur die Kosten, denn die Probleme bleiben ja", gibt er Karola Pech voll und ganz recht. Im übrigen hält der Sozialdezernent ein Frauenhaus in einem Oberzentrum für absolut unstrittig. "Aber wir müssen dennoch neu nachdenken über die soziale Förderung und Leistungen bündeln bzw. qualifizieren." Es sei nämlich in der Tat nicht mehr zu finanzieren, dass überall alles angeboten werde, verdeutlicht er seine Überlegungen. Vielmehr müsse eine neue Qualität erreicht werden, um die zunehmende Vielschichtigkeit der Probleme lösen zu können. "Wir müssen eine intelligente Lösung suchen und dürfen nicht das Kind mit dem Bade ausschütten."

Die jetzt praktizierte Förderabhängigkeit der sozialen Träger hält Dessau-Roßlaus Sozialdezernent für wenig sinnstiftend. "Ich möchte diese Arbeit auf eine vertragliche Basis stellen, um sie auch ein Stück krisenfester zu machen", spielt er auf die derzeit hohe Planungsunsicherheit durch Jahresverträge an. Grundlage für diese neue Verlässlichkeit im sozialen Bereich soll die Sozialplanung sein, die derzeit in seinem Dezernat vorbereitet werde. "Wir machen jetzt eine Ist-Analyse, welche Angebote gibt es bei welchen Trägern, wo doppeln sie sich, was fehlt. Dann gehen wir alles Stück für Stück durch." Dafür aber brauche er die Mitarbeit der Träger, fordert Raschpichler die Frauen ausdrücklich auf, ihre eigene Arbeit unter diesem Aspekt unter die Lupe zu nehmen. Ziel des Dezernenten ist es, zur Haushaltsplanung 2010 eine "wasserdichte" Sozialplanung vorlegen zu können, die dem Argument, eine freiwillige Leistung der Kommune zu sein und damit kürzbar, standhält.