Mit der Straßenbahn zur Porzellanfabrik
Dessau/MZ. - Berichtet wurde über eineVereinbarung der Dessauer Straßenbahngesellschaftmit der Roßlauer Porzellanfabrik "Schomburg& Söhne", ausgewiesen als Annehmlichkeit fürsPersonal.
Von 1907 bis 1945 fuhr die Straßenbahn überdie Elbe. Die Linie ist Geschichte und bleibedoch, so Klemens Koschig, Vision, als Sinnbildder Vereinigung. Am Dienstag fuhr der RoßlauerBürgermeister noch mit dem Auto über die Elbezur Eröffnung der Ausstellung "Askania-Gold& China-Blau" im Museum für Stadtgeschichte,eine Ausstellung über die Roßlauer Porzellanfabrik.So wächst schon mal anschaulich beschaulichzusammen, was vereint werden wird.
Es ist eingedeckt, Kaffeegeschirre, bürgerlichvor allem, kleinbürgerlich auch, die Form"Cleopatra" überwiegt, Dekor "China-Blau"oder "Askania Gold" und andere mehr. Porzellanisolatorensind zu sehen und Fabrikantenporträts, Entwurfzeichnungenvon Oskar Schmidt für die Direktorenvillain der Burgwallstraße, Urkunden, Briefe, Zeitungsberichte,ein kleiner Abriss zur Geschichte des Porzellansund natürlich zur Firma.
Deren Gründer war der 1809 geborene Carl HeinrichGottlieb Schomburg, dessen Vater Obermalerin der Königlich-Preußischen Porzellanmanufakturwar. Durch den Verkauf eines Patents in Pariszu Geld gekommen, konnte Carl Schomburg 1853in Berlin-Moabit eine Porzellan- und Schamottefabrikgründen. Sohn Heinrich Hermann übernahm dieLeitung der Firma. Hergestellt wurden Gebrauchsgeschirrefür Apotheken und zunehmend Isolatoren fürdie Telegrafie. 1873 erwarb Hermann ein Zweigwerk,die Margarethenhütte bei Bautzen und damitKaolin- und Tonlagerstätten, sowie Braunkohlengruben.
Die Roßlauer "Porzellbude", wie der Volksmunddie Fabrik nannte, wurde 1897 auf dem Geländeeiner kurzlebigen Steingutfabrik gegründet.Wenig später musste der Berliner Standortaufgegeben werden. Dort gab es in einer Nebenlinieden wenig erfolgreichen Versuch hochwertigePorzellane zu erstellen. Nach der Bildungeiner Interessengemeinschaft mit dem Kahla-Konzern1922 gingen in Roßlau die Aufträge für dieElektrokeramik zurück. Deshalb begann man1924 mit dem Aufbau einer Geschirrfabrikation.1927 wurden die Schomburg’schen Werke durchden Kahla-Konzern übernommen. Die Wirtschaftskrisebrachte 1932 das Aus für die Roßlauer Fabrik.
Zur Eröffnung der Ausstellung referierte RogerHochmuth über die Tradition des Töpferhandwerksin Anhalt. Daniela Hosang und Julia Mauritzspielen beseelt Akkordeon: "Domino" von LouisFerrari, ein Chanson nach der Rede des Bürgermeisters.Koschig grüßte nicht nur nach Politikerart,sondern machte mit wenigen Worten ein StückGeschichte lebendig. Da klingelt die Straßenbahn.Da treten Erinnerungen in die Gegenwart. 200Arbeiter hätten in der Porzellanfabrik, demdamals zweitgrößten Unternehmen der Stadtgearbeitet. Die Ortsgruppe der SPD sei am23. Oktober 1899 von Arbeitern, die aus Alt-Moabitkamen, gegründet worden. Und auch die heutige"Gaststätte zum Burgwall" stehe in Beziehungzur Porzellanfabrik. Schwarze Männer und weißeFrauen hätten kontrastreich hier gesessen,die Kohlenfahrer vom Güterbahnhof und diePorzellpuppen aus der Fabrik. Da sieht mansie beinah nach getaner Arbeit einkehren.Hauptsache, sie verpassen die Straßenbahnnicht.