Lauter kleine Bescherungen
DESSAU/MZ. - Vom ersten Lied ohne Worte an half die Musikschule Dessau-Roßlau das Kindlein wiegen und schaukelte ihr "Weihnachtliches Konzert" am Sonntagabend in bewährter Programmfolge über die Bühne des Anhaltischen Theaters. Das ist am Abend des dritten Advents wie ein Griff in die Keksdose, die lauter kleine Bonbons freigibt.
Nach ersten, sicher platzierten kammermusikalischen Bühnenschritten und nach den weihnachtlichen Sätzen steht auch das kleine Stühlchen auf der Bühne: "Morgen Kinder wird's was geben". Die jüngsten Schüler bescheren - mit Violine, Cello, Akkordeon, Flöte bis zum Klavier zu vier Händchen - den immer wieder beschaulichen Blick auf den spielerisch arbeitsreichen Beginn der Entdeckungsreise Musik.
Im Wechsel des Lichtes
Ein großer Schritt folgt: Gabriel Fauré, Élégie c-moll. Mirijam Korsowsky (Violoncello) und Cornelius Tamm (Klavier) trauern traumhaft, bestechend klar, ohne Gefühlsduselei. Welch lichte hohe Werther-Stimmung! Licht aus und rechts wieder an. Da sitzt Michel von Loh mit Gitarre auf der großen Bühne des Theaters. Nicht trist, offenherzig traurig gerät sein Solo, Preludio tristón. Licht wieder links: Johannes Wagner, der den Pianisten Thomas Benke zur sicheren Seite hat, beherrscht beherzt und ohne Atemnot das Scherzo aus der Sonatine für Fagott und Klavier von Alexandre Tansmann, ein kniffliges Ding.
Erneut Licht rechts: "Ballad for a Klezmer". Diese Pausen, möchte man jubeln, denn von der ersten zerbrechlichen Stille an tanzen Florian Marcy (Klarinette) und Daniela Hosang (Akkordeon) einen lupenreinen, brodelnden Seelentanz, durchgeatmete Shtetl-Stimmung. Dann scheint das Licht auf lauter Zitate aus der gleichen Musikgegend. "Shalom", verschmolzen von Felix Lee, wird einvernehmlich eindringlich vom Akkordeon-Ensemble vorgetragen.
Und schon zeigt die Nachwuchs-Big Band, was der Jugend-Big Band Anhalt schwungvoll nachwächst. Diese feiert mit reichlich Platz für frische Soli "Drama for your Mama". Da heizt die E-Gitarre vor der Pause. Danach kommt "Vom Himmel hoch" von der Empore. Und unten nimmt das Nachwuchsorchester Platz. Moderator Ronald Müller darf mal wieder den Fürsten Nicolaus Esterhazy erwähnen, für dessen Lieblingsinstrument, das ausgestorbene Baryton, Joseph Haydn auf Geheiß komponierte. Bearbeitungen sind also zu hören. Unter Leitung von Anette Wolff spielt das Nachwuchsorchester vielleicht nicht perfekt, aber bewegt belebt und zeigt sich auf einem richtig guten Weg. Dann glänzt der Morgenstern, weil das Fagott-Quartett die sangvolle Klagfarbe des Instruments atmend ausleuchtet.
"Salve Regina": die Königin, die Mutter der Barmherzigkeit, wird in der Tonsprache Mendelssohn Bartholdys angerufen. Sopranistin Corinna Kruskop singt drängend mild. Lieven Landsmann kostet die kraftvolle Schönheit aus, die das Intermezzo des Faschingschwanks von Robert Schumann einfordert. Alexander Neumann spielt so transparent und flüssig, als könne er mit dem Saxophon ein Stück Musikgeschichte zurück erobern. Und zwischendurch schimmert ein farbig orchestriertes Märchen für Akkordeon und Orchester, ein Teil aus "Pohádky" von Václav Trojan. Hellwach erzählen Daniela Hosang und das Orchester unter Leitung von Friedemann Neef.
Gesang zur Zugabe
Schließlich spielt kultiviert, homogen, dynamisch, streng, beinahe aber ohne Kanten und Ecken das Orchester zwei Sätze aus der Sinfonia in B von Johann Friedrich Fasch, der vor 250 Jahren starb. Doch nun steht eine Geburtstagsfeier an. Deshalb singen zur Zugabe alle. Diesmal nicht "O du fröhliche". Aber vielleicht jauchzen im nächsten Jahr zum 44. Weihnachtlichen Konzert wieder himmlische Heere.