"Laufen ist seine Welt" "Laufen ist seine Welt": Läuferlegende Harry Richter feiert 75. Geburtstag

Dessau - Harry Richter wollte seinen Augen kaum trauen. Sichtlich überrascht schaute der Läufer drein, als sich vor seinem Haus im Dessauer Süden auf einmal eine ganze Schar von Leuten versammelte und dann an seiner Tür klingelte. Beim zweiten Hinsehen bemerkte er aber die vielen bekannten Gesichter - und strahlte.
Denn die Läufergruppe des ESV Lokomotive Dessau, zu der Harry Richter gehört, hatte sich am 8. September getroffen, den Jubilar gemeinsam an seinem 75. Geburtstag überrascht - und ihn reichlich beschenkt. Viele seiner Läuferkollegen ließen es sich auch nicht nehmen, ihrem Vorbild ein paar persönliche Zeilen zukommen zu lassen, was Richter fast schon peinlich berührte.
Laufen hält jung
„Das Laufen ist seine Welt, die ihn dazu noch jung erhält“, hatte Eckard Pöhle aus der Laufgruppe absolut Recht. Betrachtet man Harry Richter und sieht, welche Frische er ausstrahlt, glaubt man sein wahres Alter nicht. Auch an seinem Geburtstag - als alle Glückwünsche überbracht waren - war er mit den Gedanken schon wieder beim nächsten Lauf-Event. Den 17. Dessauer City-Lauf, den Richter am Sonntag in seiner Altersklasse prompt gewinnen konnte. Auf dem Treppchen sahen die Kollegen der Laufgruppe ihren Harry voller Hochachtung und Respekt an, jubelten ihm zu.
Die zehn Kilometer hatte er in 49:34 Minuten abgespult. „Das ist weiß Gott keine schnelle Zeit, da laufen andere viel viel schneller“, sagte die bescheidene Läuferlegende. Doch diese zehn Kilometer waren für Harry Richter auch keine große Herausforderung. „Das ist ein besseres Warmlaufen“, sagte der 75-Jährige, der schon ganz andere Distanzen gelaufen ist.
Seit 1981 gehört Harry Richter der Laufgruppe des ESV Lokomotive Dessau an, die am 18. September gemeinsam nach Mallorca zum Laufen fliegt - diesmal allerdings ohne Harry Richter.
Highlight war für ihn sowohl die 34 Kilometer Strecke in Davos (Schweiz), bei der es bis zu 2700 Meter in die Höhe ging, als auch der Tatra-Hochgebirgslauf in der Slowakai, an dem er mit der Gruppe 1987 bis 1999 teilnahm. (fz)
Dazu zählt unter anderem auch der berüchtigte Rennsteiglauf, der zu Richters Lieblingsläufen zählt. In diesem Jahr hat er das 30. Mal an diesem Wettbewerb im Thüringer Wald teilgenommen und belegte einen herausragenden dritten Platz auf der Halbmarathonstrecke in seiner Altersklasse.
Seit 1985 absolvierte er bei 30 Teilnahmen zehn Mal die ganz lange Strecke über eine Distanz von 72,7 Kilometern, fünf Mal die mittlere Strecke über 43,5 Kilometer und 15 Mal den Halbmarathon, den er auch schon gewinnen konnte. „Darauf bin ich sehr stolz“, blickt der gelernte Maurer auf diese Erfolge zurück.
Doch auch international ist Harry Richter kein unbeschriebenes Blatt. Der Dessauer siegte unter anderem beim Achensee-Lauf 2012 in Österreich und lief sogar schon auf Lanzarote. „Das Laufen verbinden wir dann immer gleich mit dem Urlaub“, sagt der verheiratete Mann, der erst im Alter von 38 Jahren zum Laufen kam. „Da bin ich mit meinem Sohn sonntags in Haideburg immer Laufen gegangen“, erzählt Richter, der dann dabei geblieben ist. „Man ist immer an der frischen Luft und es ist gesund“, schwärmt Harry Richter für die tollen Laufstrecken, die Dessau-Roßlau zu bieten hat: „Die Mosigkauer Heide, der Tiergarten oder das Georgium bieten tolle Umgebungen“, sagt er. „Ich laufe lieber in der Landschaft, als in der Stadt.“
Sein Haus in Dessau-Süd hat er selbst gebaut und sich per Fernstudium zum Bauingenieur weitergebildet. Nicht nur auf der Laufstrecke ist Harry Richter hoch motiviert, bei dem was er anpackt - fürs Laufen wird in der Woche zweimal trainiert. Was er anfängt, wird auch zu Ende geführt.
„Der Apfel fällt nicht weit...“
Die Familie ist aber das Wichtigste. Und umso glücklicher ist er, dass seine Tochter Sabine die Läufertradition der Sportler-Familie Richter aufrecht erhält. „Sie hat in Thüringen ihre eigene Laufgruppe gegründet und am 1. Mai bereits zum 20. Mal den Beichlinger Schlossberglauf ausgerichtet“, erzählt Richter stolz. Die Laufgruppe seiner Tochter beansprucht die Hilfe der Dessauer Läuferlegende genau so wie die des ESV Lok Dessau. „Ich schreibe die Trainingspläne für alle, die wollen.“ Und wie lange möchte Harry Richter noch laufen? „Ich will bald mal Schluss machen“, kündigt er an. Doch es wird ihm bei der Hingabe sicher schwer fallen, irgendwann ein letztes Mal die Ziellinie zu durchlaufen.
