Landgericht Dessau Landgericht Dessau: Gepfefferte Strafe für Pfefferspray-Tat
Dessau/MZ - Der Laden sollte bald schließen, sie waren nur noch zu zweit. Ihre Kollegin erledigte etwas in den Tiefen der Kaufhalle in Dessau-Nord, sie selbst stand hinter der Kasse. Sie schaute nicht auf, als ein Weißbrot aufs Band geknallt wurde, zog die Ware mechanisch über den Scanner. Eine Hand hielt ihr zwei Euro hin, sie öffnete die Kasse, als ein brennender Schmerz ihr in die Augen fuhr.
Jens E., Mitte 40, wohnte zuletzt in Wittenberg, bevor er wieder einmal in den Knast musste, jetzt in Brandenburg. Im Mai 2012 befand sich E. auf freiem Fuß. Das Heroin war ihm ausgegangen, er brauchte neuen Stoff. Drogen hatte er schon früh genommen, um Heroin jedoch stets einen Bogen gemacht und war doch irgendwann bei diesem Stoff gelandet. Geld hatte er keines, seinen Job hatte er verloren und er war auf der Suche nach einem Typen, der ihm Geld schuldete. Als er ihn nicht fand, marschierte er in die nächstbeste Kaufhalle. Griff sich ein Weißbrot und als die Kassiererin die Kassenladen aufspringen ließ, sprühte er ihr Pfefferspray ins Gesicht. Er griff nach dem Geld, doch die Frau gab so schnell nicht auf, seine Hände klemmten in der Kassenlade.
„Man gib das Geld nicht so einfach her“, erklärt die Kassiererin am Montag vor dem Dessauer Landgericht. Mit Hüfte und Armen drückte sie die Kasse zu und wundert sich, warum von dem Kerl, der sie da gerade überfiel, kein Mucks kam. „Das hat bestimmt weh getan.“ Doch bald musste sie aufgeben, E. konnte mit 680 Euro fliehen. Die Kassiererin ging am nächsten Tag wieder zu Arbeit. „Ich wollte nicht geschont werden, ich wollte mein Leben weiterleben.“
Als sein Fall verhandelt wird, gesteht E. sofort. Und erwähnt auch, schon mehrere solcher Delikte begangen zu haben, „aber immer milder“. E. hatte kein Reizgas genommen, sondern Mundspray oder Deo. Dass er für diese Taten bereits rechtskräftig verurteilt war, sollte sich gestern als günstig für ihn erweisen. Denn Richter Stefan Caspari ließ kein Zweifel zu, dass er nur einen geringen Unterschied sehe zwischen Pfeffer- und Deospray – das eine gelte strafrechtlich als Waffe, das andere als gefährliches Werkzeug. Kommen die bei einem Raub zum Einsatz liegt ein besonders schwerer Fall vor. Mindeststrafe: fünf Jahre. Die anderen Richter waren vom „einfachen“ Raub ausgegangen und nur bei etwas über einem Jahr angekommen.
Doch trotz Pfeffersprays kam am Ende E. für seine Dessauer Tat mit drei Jahren davon. Ihm half sein Geständnis, dass er Panik vor den Folgen des drohenden Heroin-Entzugs hatte und im Knast mit einer Therapie begonnen hatte.