Knöllchen-Frust bei Dessauer Knöllchen-Frust bei Dessauer: Private Firmen überwachen Supermarkt-Parkplätze

Dessau-Rosslau - Wer seinen Einkauf mit dem Auto erledigt, trifft auch in Dessau-Roßlau inzwischen auf vielen Supermarkt-Parkplätzen auf Hinweisschilder.
Die Kunden dürfen ihren Pkw nur noch mit Parkscheibe und nur für eine gewissen Zeit - meist zwischen 60 und 180 Minuten - abstellen, sonst drohen empfindliche Strafen. Und die werden nicht nur dann fällig, wenn man zu lange geparkt hat.
"Vertragsstrafe" von 20 Euro verdoppelte bei Dessauer die Einkaufskosten
Das musste der Dessauer Herbert Kohn (Name geändert) erfahren. Nach seinem 20-minütigen Einkauf bei Kaufland in der Wolfgangstraße fand Kohn ein Knöllchen an seinem Auto. „Vertragsstrafe“ ist darauf zu lesen. Sein Verstoß: „Parken ohne Ankunftsnachweis.“ Kohn hatte die Parkscheibe vergessen. 20 Euro Strafe sollte er innerhalb einer Woche an die German-Service-Group GmbH, ein privates Parkwächter-Unternehmen, zahlen.
„Ich habe für 22,27 Euro eingekauft. Mit der sogenannten Vertragsstrafe hätte der Einkauf alles in allem 42 Euro gekostet“, so Kohn. Der Dessauer ist verärgert über die Praxis und auch über die Höhe der Strafe und spricht von Abzocke. Zum Vergleich: Das Ordnungsamt nimmt zehn Euro, wenn die Parkscheibe vergessen wurde.
Allerdings könne die Strafe steigen - mit jeder weiteren Stunde, die das Fahrzeug ohne Parkscheibe abgestellt bleibt, informiert die Stadt auf Anfrage. Für Kohn steht trotzdem fest: „In Dessau gibt es andere Märkte, wo das Parken frei ist.“ Künftig werde er dort einkaufen.
Handelsverband Sachsen-Anhalt rechtfertigt das Vorgehen der Einzelhändler
Knut Bernsen vom Handelsverband Sachsen-Anhalt rechtfertigt das Vorgehen der Einzelhändler. Gerade in den Innenstädten, wo Parkplätze oft Mangelware sind, hätten Supermärkte mit dauerparkenden Anwohnern oder Besuchern zu kämpfen. „Die Märkte sind verpflichtet, genügend Parkplätze für ihre Kunden vorzuhalten“, so Bernsen. Zudem lebten Supermärkte insbesondere von Autokunden. „Wenn die keinen Parkplatz finden, ist das problematisch.“
Für Großstädte wie Halle und Magdeburg ist das ein Argument. In Dessau-Roßlau ist die Parksituation jedoch wesentlich entspannter. Warum auch hier dennoch Supermärkte zu denselben Maßnahmen greifen? Das habe auch etwas mit Kontrolle und Zugang zu Parkplätzen zu tun, bleibt Bernsen in diesem Punkt unkonkret. „Die Gesamtbedingungen spielen eine Rolle.“
Warum setzen private Firmen die Interessen der Supermärkte durch?
Für Kritik sorgt auch, dass Supermärkte bei der Durchsetzung der Parkregeln auf private Unternehmen setzten. Diese sind wirtschaftlich quasi auf Vergehen angewiesen und verlangen - wie im Dessauer Fall - teils hohe Summen.
Auch hierin sieht Knut Bernsen kein Problem. Supermarktketten seien eben keine Parkplatzbetreiber und hätten nicht die Kapazitäten, um selbst gegen Parksünder vorzugehen. Zu den Preisen sagt er: „Die Rechtsprechung erlaubt den zweifachen Preis dessen, was die Stadt für das selbe Vergehen verlangt.“ Hier ist die Verbraucherzentrale allerdings gegenteiliger Meinung. Die Supermarktketten, beruhigt Bernsen, können jederzeit auf den Parkwächter einwirken.
Tatsächlich setzten viele Supermärkte bislang auf Kulanz. Wer einen Kassenbon vorweisen kann, wird selten wirklich zur Kasse gebeten. So war es auch bei Herbert Kohn. Der Dessauer beschwerte sich unter Angabe seines Bons beim Parkwächter und kündigte an, auch Kaufland zu informieren. Die German-Service-Group stornierte daraufhin die Vertragsstrafe aus Kulanz - einmalig und verbunden mit einem Hinweis: Kohn möge künftig an die Parkscheibe denken. (mz)