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Klinik in Zerbst schließt Entbindungsstation Klinik in Zerbst schließt Entbindungsstation: In Dessau ist man für mehr Babys gerüstet

Von Heidi Thiemann 20.06.2018, 08:17
Die Dessauer Klinik ist für mehr Geburten gerüstet.
Die Dessauer Klinik ist für mehr Geburten gerüstet. dpa

Dessau - Die Ankündigung der Zerbster Helios-Klinik hat aufgeschreckt: Ab 1. Juli werden dort keine Kinder mehr geboren, die Entbindungsstation wird geschlossen. Keine Angst, heißt dazu die Botschaft aus dem Klinikum Dessau: „Unsere Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe steht allen Frauen gern zur Seite, die aus der Region Zerbst kommen und jetzt eine andere Entbindungsklinik finden müssen“, sagt Verwaltungsdirektor André Dyrna.

„Wir haben genügend Kapazitäten, um werdenden Eltern eine umfassende Geburtsbegleitung angedeihen zu lassen.“ Das habe Dessau auch bewiesen, als die Bitterfelder Geburtsabteilung im Vorjahr einen zeitweiligen Engpass hatte. Bisher, so Dyrna, haben Zerbster Frauen eher selten in Dessau entbunden. Im vergangenen Jahr waren es 18. Insgesamt gab es in Dessau über 800 Geburten. Dabei kamen 870 Kinder zur Welt. In diesem Jahr sind es bislang 333.

Erst vor gut zwei Jahren investierte die Klinik in Zerbst rund 1,7 Millionen Euro in moderne Kreißsäle

Das Zerbster Krankenhaus ist nicht das erste, das seine Geburtshilfe schließt. Gab es 2006 in der Bundesrepublik an 880 Krankenhäusern Entbindungsstationen, sank die Zahl bis 2016 auf 690, geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Frage der Grünen Bundestagsfraktion hervor, die im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde. Trotzdem kommt der Schritt in Zerbst ein Stück weit überraschend.

Erst vor gut zwei Jahren investierte die Klinik rund 1,7 Millionen Euro in moderne Kreißsäle und eine liebevoll gestaltete Station, sagt Klinikgeschäftsführer Georg Thiessen. Aber „aufgrund fehlender Fachkräfte und trotz intensiver interner sowie öffentlicher Suche nach Fachpersonal“, begründet er, könne die Klinik keine dauerhafte qualifizierte stationäre Betreuung werdender Mütter aufrechterhalten. Es fehlen zwei Hebammen und zwei Ärzte. „Mit dem aktuellen Personalbestand können wir nicht mehr reagieren, wenn Kollegen krankheits- und urlaubsbedingt ausfallen“, beschreibt Thiessen das Dilemma.

Mit einem „Storchentaxi“ werden werdende Mütter auf Wunsch von Zerbst in andere Klniken gebracht

Die Gynäkologie werde in der Zerbster Klinik als Belegabteilung weitergeführt, auch gibt es weiter eine Facharztpraxis für Gynäkologie und Geburtshilfe. Aber für Entbindungen sollen künftig die Helios-Geburtskliniken Köthen und Burg zur Verfügung stehen, die Zerbster Schwester-Häuser. Mit einem „Storchentaxi“ werden werdende Mütter auf Wunsch dorthin gebracht.

Sie könnten aber auch nach Dessau kommen. „Wir halten einen großen Funktionsbereich mit mehreren Kreißsälen und allen nötigen personellen Kapazitäten bereit“, sagt Verwaltungschef Dyrna. Derzeit gebe es acht Vollzeitstellen, die von zehn Hebammen im Schichtdienst rund um die Uhr ausgefüllt werden. In der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe stehen 18 Ärzte vom Chefarzt über mehrere Oberärzte bis zu Assistenzärzten zur Verfügung. „Alle Stellen sind derzeit besetzt.“ Jetzt kommen im Schnitt 2,2 Kinder pro Tag zur Welt. Die Voraussetzungen für mehr Geburten wären gegeben.

Fachkräfteprogramm soll Hebammen aus Italien gewinnen

Gleichwohl weiß man im Klinikum um Schwierigkeiten, Fachkräfte, insbesondere Hebammen und Entbindungspfleger, zu gewinnen. „Wir bilden seit 2017 selbst aus“, verweist Dyrna auf eine Kooperation mit der Magdeburger Uniklinik. Aktuell beteilige sich das Klinikum auch an einem Fachkräfteprogramm, das Hebammen aus Italien gewinnen will.

„Mehrere Interessentinnen durchlaufen den Sprachkurs“, so der Verwaltungschef. „Wir hoffen, 2019 die ersten Fachkräfte hier verorten zu können.“ Synergieeffekte erwartet das Klinikum auch, weil es eine von bundesweit zwölf ausgewählten Studienkliniken zur natürlichen Geburt ist. (mz)