Klassentreffen der POS Klassentreffen in Dessau: POS-Schüler treffen sich nach 50 Jahren wieder

Dessau - Sport war nie so sein Ding. Den Kontakt zu seinem Sportlehrer hat er dennoch bis heute gehalten. 50 Jahre ist das nun her, als Axel Neukirchner die Polytechnische Oberschule (POS) 11 in Dessau beendete. Am kommenden Samstag steht das traditionelle Klassentreffen an. Auch Herr Schönemann - der Sportlehrer - wird dabei sein.
Sportlehrer mit 19 Jahren
Beide Dessauer stehen in Erinnerungen schwelgend vor der einstigen POS und heutigen Grundschule an der Tempelhofer Straße. „Als die Schule Mitte der 1950er gebaut wurde, war ringsum nur Acker“, erinnert sich Ekkehard Schönemann. Damals, da war er gerade einmal 19 Jahre alt.
1958 begann der Dessauer seine Lehrtätigkeit in den Fächern Sport und Deutsch. „Am Anfang waren die Schüler im Sportunterricht gerade einmal drei Jahre jünger“. Und einmal, da war eine Schülerin sogar älter als er. „Sie lebte mit ihren Eltern im Rahmen des Facharbeitermangels zwölf Jahre in der Sowjetunion und musste, als sie zurückkam, die schulischen Leistungsanforderungen der DDR erbringen“, so Schönemann.
Dass Axel Neukirchners Sportlehrer nur ein paar Jahre älter war, nahm der Schüler damals nicht wahr: „Er war durchsetzungsfähig, fair und ehrlich.“ Seine Ehrlichkeit war es auch, die Ekkehard Schönemann das Misstrauen der politischen Obrigkeit einbrachte.
Kritik an Bildungssystem bringt Schönemann in Schwierigkeiten
Nicht jeder sollte Abitur machen und entschieden wurde darüber nicht anhand der Leistungen, sondern anhand der Herkunft: In einer internen Besprechung mit der Schulleitung und Parteileitung kritisierte Schönemann: „Früher war es der Ariernachweis, heute der Proletariernachweis“. Damit verlor der junge Lehrer seine Position als FDJ-Leiter an der Schule und wurde von nachfolgenden Auszeichnungen ausgeschlossen. Bereut hat er es dennoch nicht.
Erinnerungen an geschwänzte Stunden und kalte Wintertage
Die Schulzeit war für Axel Neukirchner rückblickend eine schöne Zeit. Natürlich hatte er auch mal Flausen im Kopf. „Bei einer Wanderung zum Mausoleum habe ich mich einfach mit drei Mitschülern abgeseilt“, erzählt er lachend. Anstatt Geschichtsunterricht vor Ort, schlenderten die Vier durch Dessaus Innenstadt. Am Abend gab es natürlich Ärger, weniger vom Pädagogen Berger als viel mehr von der Mutter, die mit einer Ohrfeige konterte.
An den Winter 1962/63 kann sich Axel Neukirchner besonders gut erinnern. Es war bitterkalt. Um Kohle für die Heizung zu sparen, gingen die Schüler der 11. POS in die 5. POS: „Vormittags wurden die einen unterrichtet und nachmittags die anderen.“ Damit die Kohlen auch in den Keller kamen, halfen die Schüler mit. „Danach sahen wir immer aus wie Bergarbeiter“, berichtet Axel Neukirchner. Anschließend wurde im Schulgebäude geduscht und das war wiederum Luxus: „Denn nicht jeder hatte zu Hause eine Dusche.“
Auch die Stasi kam zur POS in Dessau
Nachdem die Mauer gebaut worden war, wehte auch in der 11. POS ein neuer Wind. „Schulrektor Meixner wurde abgesägt, weil er nicht mehr ins Bild passte, dann folgte Bauermeister“, erinnert sich Ekkehard Schönemann. Ab und an wurde auch die Stasi gesichtet. „Da gab es Gespräche zwischen der Schulleitung und der Staatssicherheit“, weiß Schönemann.
Auch Personalakten der Schüler und Lehrer über Verhalten, Leistung und Familienverhältnisse wurden geführt. „Und auch Kinder aus Heimen besuchten die Schule“, so Schönemann. In jeder Hinsicht habe er versucht, fair zu sein als Lehrer, nicht nach der Prämisse des Proletariernachweises zu unterrichten. Was für ihn zählte, war der Mensch mit seiner Leistung.
Elektriker-Ausbildung parallel zum Abitur
Axel Neukirchner besuchte nach der achten Klasse das heutige Philanthropinum-Gymnasium, die damalige Erweiterte Oberschule (EOS). „Das war ein Jahr nach Walter Ulbrichts Ausspruch: Auch die Intelligentia muss arbeiten“, erinnert sich Axel Neukirchner. Also lernte der damalige Schüler parallel den Beruf des Elektrikers und machte Abitur. Später folgte ein Studium der Elektrotechnik an der Technischen Universität Dresden.
Sein Sportlehrer Ekkehard Schönemann unterrichtete insgesamt 33 Jahre an der 11. POS, später arbeitete er als Leiter der Sekundarschule „Willy Brandt“. Es war nicht immer einfach. Ob Kohlenschleppen, politische Hindernisse oder Rügen aussprechen. Es gab allerdings auch viele schöne Momente: Wenn Schüler wie Axel Neukirchner Lehrer wie Ekkehard Schönemann hatten und sich daraus eine Freundschaft entwickelte, die bis heute anhält. Am Samstag trifft sich die ehemalige Klasse 8b zum 50. Mal. Und sicher wird wieder viel erzählt und über die Wanderung der etwas anderen Art gelacht. (mz)

