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Karstadt-Kaufhaus in Dessau Karstadt-Kaufhaus in Dessau: OB Kuras sichert Unterstützung zu

Von Heidi Thiemann 21.07.2014, 06:54
Die Kunden halten sich mit Käufen bei Karstadt offenbar zurück.
Die Kunden halten sich mit Käufen bei Karstadt offenbar zurück. dpa Lizenz

Dessau - „Ohne Karstadt keine Innenstadt.“ Fünf Jahre ist es her, dass Karstadt-Mitarbeiter mit grauen Schaufensterscheiben gegen die Schließung des Hauses protestierten. Ist jetzt die Zeit für neue Proteste gekommen?

„Ich kann das noch nicht kommentieren und werten“, sagt Jörg Lauenroth-Margo von der Dienstleistungsgesellschaft Verdi über einen Internet-Bericht von „Focus“ vom Wochenende. Unter der Überschrift „Diesen 29 Karstadt-Filialen droht das endgültige Aus“ wird Karstadt-Aufsichtsratschef Stephan Fanderl zitiert, der sich Sorgen um die Profitabilität „von mehr als 20 Häusern“ mache. Dazu gestellt ist eine Karte mit den gefährdeten Karstadt-Standorten. Als sehr stark gefährdet werden u.a. die drei Kaufhäuser in den neuen Bundesländern aufgeführt: Wismar, Potsdam und Dessau.

"Karstadt-Aus wäre Katastrophe"

„Das macht mich betroffen“, sagt Chris Baer, Vorsitzender der Dessauer Händlergemeinschaft Citynet Verband. Stimmten die Angaben, wäre das für die Stadt, Region und Mitarbeiter „eine Katastrophe“. Karstadt sei ein Magnet für Kunden, sei aber auch ein Argument für Ansiedlungen von Firmen. Geht das Kaufhaus, „verlieren wir einen Arbeitgeber und viele Arbeitsplätze“, erklärt Baer. Dass kleinere Geschäfte den Verlust auffangen können, glaubt er nicht. Doch die Hoffnung will Baer nicht aufgeben: „Vielleicht ist noch nicht alles verloren“, sagt er deshalb.

Sorge im Rathaus

Mit Sorge wird die Entwicklung auch im Dessau-Roßlauer Rathaus verfolgt. Auf MZ-Anfrage erklärten der neue Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister Peter Kuras und und der Beigeordnete für Wirtschaft und Stadtentwicklung, Joachim Hantusch, „alles in ihrer Macht stehende unternehmen“ zu wollen, um eine Schließung zu verhindern. Die Sorgen um die Filiale, denkt Kuras, hätten nicht allein etwas mit dem Standort Dessau-Roßlau zu tun, sondern auch mit verändertem Kaufverhalten der Kunden, die sich auch im Internet orientieren.

Für Hantusch ist es deshalb wichtig, weitere Impulse in der Innenstadt zu setzen - beispielsweise mit der Beruhigung und Aufwertung der Kavalierstraße -, damit die Innenstadt mehr frequentiert werde. Dies werde sich „auch auf die Umsatz- und Besuchszahlen der Geschäfte auswirken“.

Dennis Heitbreder, seit Anfang Juli neuer Chef der Karstadt-Filiale Dessau, will die Focus-Veröffentlichung nicht kommentieren, sondern spricht von einer Liste, die anderthalb Jahre alt ist. Nichts Neues.

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Doch Anfang des Jahres schrillten bei den Mitarbeitern des Kaufhauses in der Dessauer Innenstadt schon einmal die Alarmglocken. Der Konzern hatte angekündigt, alle verbleibenden Karstadt-Filialen auf den Prüfstand zu stellen und in zwei bis drei Monaten über deren Zukunft zu entscheiden. „Seit der Ankündigung geht die Angst um“, hatte die Dessauer Karstadt-Betriebsratschefin Katrin Kwizinski damals gesagt. Die Angst und die Verunsicherung der Mitarbeiter dürften heute nicht kleiner sein. Den Betriebsrat zu erreichen, gelang der MZ am Montag nicht.

Aufsichtsrat kündigte Einschnitte an

Zu seinem Amtsantritt vor gut drei Wochen war der neue Dessauer Filial-Leiter Heitbreder optimistisch. Dass die Filiale weiterhin Bestand haben werde, davon sei nicht nur er überzeugt, sondern auch der Vorstand des Unternehmens, das in Deutschland 83 Kaufhäuser betreibt. Dann aber hatte vor einigen Tagen Karstadt-Chefin Eva-Lotta Sjöstedt nach nur fünf Monaten an der Unternehmensspitze mit ihrem Rücktritt überrascht. Vorige Woche kündigte Karstadt-Aufsichtsratschef Stephan Fanderl gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schmerzhafte Einschnitte an. „Zeitnah“ solle Aufsichtsrat und Arbeitnehmergremien ein umfassendes und belastbares Sanierungskonzept vorgeschlagen werden.

Die Gewerkschaft Verdi und der Gesamtbetriebsrat verlangen hingegen Investitionen und ein Zukunftskonzept für die angeschlagene Warenhauskette. Der Vorsitzende des Karstadt-Gesamtbetriebsrats, Hellmut Patzelt, kritisierte in der „Bild am Sonntag“: „Wir lassen uns nicht einfach von unserer Geschäftsleitung eine Liste von Häusern vorlegen, die eventuell geschlossen werden sollen.“ Außerdem sei es unverständlich, dass der Eigentümer zur aktuellen Lage schweige. Zu den Pflichten des Eigentümers Nicolas Berggruen, der im Jahr 2010 bei Karstadt eingestiegen war, gehöre im Interesse der rund 17 000 Mitarbeiter, ein Konzept zur nachhaltigen Sicherung der Standorte und Arbeitsplätze vorzulegen.

Kritik am Eigentümer

Auch Lauenroth-Margo kritisiert Berggruen. „Er zieht viel Geld raus, ohne etwas zu tun.“ Der Gewerkschafter findet, „das dürfte man nicht einfach so hinnehmen“. Dass sich die jetzige Entwicklung aber abgezeichnet habe, findet Chris Baer von Citynet. „Erst wurden die Sahnestücke aus der Karstadt-Gruppe verkauft. Und dann blieben die übrig, die nicht lukrativ sind oder es sehr schwer haben.“ Dass der Standort Dessau aber in einem solch großen Dilemma stecken soll, „hätte ich nicht gedacht“, sagt Baer. (mz)

Steht Karstadt in Dessau vor dem Aus?
Steht Karstadt in Dessau vor dem Aus?
Lutz Sebastian Lizenz
Eine Karstadt-Mitarbeiterin sortiert in der Filiale in Dessau-Roßlau Badebekleidung.
Eine Karstadt-Mitarbeiterin sortiert in der Filiale in Dessau-Roßlau Badebekleidung.
Karstadt Dessau/archiv Lizenz
Welche Zukunft hat die Dessauer Karstadt-Filiale?
Welche Zukunft hat die Dessauer Karstadt-Filiale?
Sebastian Lizenz