Kaiserwetter für die Kümmerlinge
DESSAU/MZ. - Entsprechend gut besucht war das Fest am Sonnabend. Bierseidel schieben, das Glücksrad drehen, Dartpfeile schießen oder mit der Bowlingkugel möglichst viele Kegel treffen - in vielen Disziplinen konnten sich die Kleingärtner und ihre Gäste beweisen. Für die Jüngsten boten Fahrgeschäfte und eine Hüpfeburg Abwechslung. Wettkämpfe der drei Vereine des Kleingartenparks, ein Lampionumzug für Kinder und Musik bis weit nach Mitternacht standen später auf dem Programm. So teilten sich Jung und Alt den Sonnabend die Festwiese im Kleingartenpark.
Gerade das Interesse von jungen Menschen käme nicht von ungefähr weiß Rüdiger Schulze. Denn eine eigene Parzelle zu bewirtschaften sei längst nicht mehr nur für ältere Generationen interessant. Der Vereinsvorsitzende des Kleingartenvereins Am Waldbad beobachtet schon seit längerem, dass gerade junge Familien mit Kindern das Idyll eines eigenen Gartens suchen. "Wer in einer Wohnung ohne Garten wohnt, für den ist das doch ein idealer Platz zum Spielen für die Kinder" fasst Schulze die Vorteile zusammen. Sein Kollege Thomas Leisering kann ihm da nur beipflichten. "Familien brauchen Ruhephasen" sagt der Vereinsvorsitzende des Vereins Schäferbreite. Während aus seinen Beobachtungen heraus das Interesse für Kleingärten nach der Wende abebbte, verzeichnet auch er heute eine wachsende Nachfrage. "Leute, die aus Altersgründen ihre Parzellen aufgeben, präsentieren mir sehr oft einen Nachfolger" zeigt sich Leisering zufrieden. "Wie eine große Familie funktioniert die Gemeinschaft", freut sich der Vereinsvorsitzende und sieht optimistisch in die Zukunft seines Vereins und der gesamten Anlage.
Ilona Coradini, die Chefin des Vereins Muldestrand denkt mit ihren 61 Jahren noch lange nicht daran, ihren Garten aufzugeben. Mit ihrem Mann erfreut sie sich noch immer an dem gemeinsam geschaffenem Kleinod, auch wenn dieses Jahr die Gartenarbeit schon besonders viel Mühe forderte. So habe ihr Mann im Winter immer wieder den Schnee vom Dach der Laube kehren müssen, damit die unter der Last nicht zusammenbrach. In diesen Tagen setze die Hitze Mensch und Natur zu, so dass eine Bewirtschaftung des Gartens nur in den frühen Morgen- und späten Abendstunden möglich ist, so Coradini.
Den Bewohnern des Gartens von Gerhard Mitschke sind diese Temperaturen ziemlich egal. Mitschke beherbergt in seiner Parzelle in dem Kleingartenpark nicht nur Pflanzen sondern auch Bienen. Im Schnitt acht bis zwölf Bienenvölker tummeln sich seit über 30 Jahren in seinem Garten. Anfangs wurde er schon kritisch wegen seines Hobbys von den Gartennachbarn beäugt, erinnert sich der Imker. "Sind die aggressiv, stechen die?" - das waren die anfänglichen Fragen der unmittelbaren Gartennachbarn. Nicht nur, weil seine Bienen sanftmütig sind, wie er meint. Sondern auch als Bestäuber der Pflanzen in der Umgebung verrichteten sie heute gefragte Dienste, so Mitschke. "Sonst gibt es kein Obst", meint er über seine fleißigen Helfer. Ähnlich wie die anderen Gärtner, blickte auch er skeptisch auf den langen Winter, der ihm große Sorgen machte. Doch die Ausbeute an Honig kann sich an diesem Sonnabend sehen lassen. Immer wieder kommen neugierige Besucher an den Wagen des Drehorgelspielers, wo die Honiggläser lagern und der süße Brotaufstrich und Euro die Besitzer wechseln.
Ungefähr hundert Meter von der Festwiese entfernt genießen Achim und Karin Richter die Ruhe in ihrem Garten. Bunte Ballons schmücken das Eingangsportal. Ein Pflanzenmeer in unterschiedlichen Farben teilt sich u.a. mit Erdbeeren, Rhabarber, Tomaten und grünen Bohnen die rund 380 qm große Oase. Das Ehepaar ist begeistert von der Frische seines Obstes und Gemüse. "Gerade bei unseren Gurken ist der Unterschied zwischen Garten- und Handelsware wie Tag und Nacht" schwärmt Achim Richter. Für Richters und die anderen Parzellenbesitzer der Anlage ist der Kleingarten noch längst nicht aus der Mode.