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Justizvollzug Justizvollzug: Gewerkschafter wollen JVA Dessau erhalten

15.02.2013, 19:32
Die Justizvollzugsanstalt Dessau-Roßlau soll geschlossen werden.
Die Justizvollzugsanstalt Dessau-Roßlau soll geschlossen werden. SEBASTIAN Lizenz

Dessau-Rosslau/MZ - Anfang des Jahres unterbreitete der Dessauer Ortsvorstand dem Magdeburger Justizministerium dazu konkrete Vorschläge. Mit welchem Inhalt? Mario Pinkert, Vorsitzender der Ortsgruppe des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, gab Auskunft. Mit ihm sprach MZ-Redakteurin Annette Gens.

In Magdeburg heißt es sparen, sparen, sparen, weshalb im Entwurf der Justizvollzugsreform festgehalten wurde, dass u.a. die Dessauer Justizvollzugsanstalt über 2018 hinaus keine Perspektive haben wird. Kann man die Pläne, die im Kabinett beschlossen wurden, noch abwenden?

Pinkert: Es steht zwar der Kabinettsbeschluss. Aber noch hat der Landtag der Reform nicht zugestimmt. Darüber hinaus wurde unsere Ortsgruppe von Staatssekretär Thomas Wünsch mehrfach ermuntert, uns in die Diskussion einzubringen. Was wir getan haben.

Welche Nachteile befürchten die Vollzugsbeamten, würde perspektivisch die Unterbringung von Gefangenen nur noch an drei Standorten im Lande erfolgen?

Pinkert: Auch, wenn man das in Magdeburg nicht gerne hören mag, kleinere Anstalten sind besser zu händeln als große. Die Gefangenen werden ja nicht einfach nur weggesperrt, sondern sollen resozialisiert werden. Wie soll das gehen in einer Haftanstalt mit 900 Plätzen? Kann man in solchen Einrichtungen auf Menschen eingehen oder werden sie nur weggeschlossen?

Das wird auch dem Justizministerium einleuchten. Und trotzdem wird eine Reform und damit die Konzentration von Standorten angestrebt...

Pinkert: Mit der Reform soll das Vollzugspersonal optimaler eingesetzt werden können. Zur Situation: Neueinstellungen erfolgen kaum, obwohl absehbar ist, dass viele der Angestellten in den nächsten Jahren in den Ruhestand wechseln werden. Wir meinen, der vom Finanzministerium immer wieder eingeforderte Personalabbau wird uns eines Tages auf die Füße fallen. Eigentlich müsste im Bereich des Vollzugs Personal eingestellt werden, stattdessen wird kaputt gespart, indem Anstalten geschlossen und das Personal auf andere Vollzugsanstalten verteilt werden. Das bringt aber nur kurze Zeit Effekte, schätzungsweise zwei Jahre. Dann wird die Personaldecke erneut knapp. Es wäre aus Sicht der Gewerkschaft dringend erforderlich, das Personalentwicklungskonzept für den Vollzug zu überarbeiten. Doch das ist offenbar im Moment politisch nicht gewollt.

Spätestens 2018 sollen im Dessauer Vollzug laut Landesregierung die Schotten dicht sein. Welche Perspektive räumt der Ortsverband, also die Gewerkschaft, der Anstalt ein?

Pinkert: Wir schlagen vor, die Anstalten in Dessau und Burg in Zukunft für die Unterbringung von Untersuchungsgefangenen zu nutzen. Dessau könnte für den gesamten Süden des Landes zuständig sein, Burg für den Norden. Beide Städte verfügen über eine gute Anbindung zur Autobahn. Und unseren Berechnungen zufolge könnte die JVA Dessau mit etwa 235 Haftplätzen erhalten bleiben.

Welche Vorteile ergeben sich daraus für Sachsen-Anhalt?

Pinkert: Die Vollzugsanstalten wären im Land territorial ausgewogen verteilt. Die Anstalten könnten sich unterschiedlich spezialisieren. Zum Beispiel sind in der U-Haft andere Behandlungs- und Organisationsmaßnahmen erforderlich als im Vollzug. Natürlich wäre unser Vorschlag personalintensiver. Es ist ein Trugschluss, dass mit der geplanten Reform nur Einspareffekte verbunden sind. Die Kosten entstehen - nur in anderen Bereichen, bei Polizei und Kommunen. Zum Beispiel beim Transport von Gefangenen von der Polizei zu den jeweiligen zuständigen JVA oder von der Vollzugsanstalt zum Gericht. Die Fahrten werden länger und deshalb auch personalintensiver. Mal ganz abgesehen davon, würde sich die Besuchsdurchführung verkomplizieren. Bürgernah ist das nicht.

Mario Pinkert: „Wir werden vom Land kaputt gespart.“
Mario Pinkert: „Wir werden vom Land kaputt gespart.“
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