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Ist ein Schaltjahr ein Kaltjahr? Ist ein Schaltjahr ein Kaltjahr?: Was Dessaus Gärtner von der Bauernregel halten

Von Sylke Kaufhold und Silvia Bürkmann 29.02.2016, 10:38
Dass das Jahr kälter als normale Jahre könnte, davon halten die Gärtner der Stadt nicht viel. Bärbel Matthey freut sich über viele Frühblüher in ihren Gewächshäusern.
Dass das Jahr kälter als normale Jahre könnte, davon halten die Gärtner der Stadt nicht viel. Bärbel Matthey freut sich über viele Frühblüher in ihren Gewächshäusern. Lutz Sebastian

Dessau - Mit Sonnenschein und leichtem Frost starten wir am Montag in die neue Woche. So die Vorhersage. Gegen Abend könnte es schneien. Ein normaler Wintertag in unseren Breiten.

Und doch ist der heutige 29. Februar ein besonderer Tag. Ein Tag, den wir nur alle vier Jahre im Kalender stehen haben, denn 2016 ist ein Schaltjahr. Der gregorianische Kalender – ein Sonnenkalender – enthält mit dem eingeschobenen 29. Februar einen zusätzlichen Schalttag. Damit wird das Kalenderjahr längerfristig dem die Jahreszeiten bestimmenden Sonnenjahr, das Bruchteile eines Tages länger als das 365 Tage lange Gemeinjahr ist, angeglichen. Soweit die wissenschaftliche Erklärung für den 29. Februar.

Schaltjahr gleich Kaltjahr?

Was machen wir aber nun mit dem geschenkten Tag? Für die meisten von uns wird er ein Arbeitstag wie jeder andere sein. Aber das Jahr ist ja einen Tag länger als andere. Zeit also für Dinge, für die sonst die Zeit fehlt. Am 29. Februar sind wir dem Frühling schon ganz nah, der meteorologisch am 1. März beginnt. Hätten wir ein Normaljahr, wäre also schon Frühling. Wie das Wetter wird, das wiederum beschäftigt die Menschen zu jeder Zeit und allerorten. Und so ein Schaltjahr sei ja ein Kaltjahr besagt eine alte Bauernregel. Also ein Jahr in dem die Ernte nicht so üppig ausfällt und in dem die Temperaturen im Mittel auch kälter als im Durchschnitt der vergangenen Jahre ist. Lassen sich Hobby- und Berufsgärtner davon beeinflussen?

Willy Coradini ist seit mehr als 60 Jahren Kleingärtner. „Ich habe in all den Jahren noch nicht gemerkt, dass ein Schaltjahr Einfluss auf das Wachstum haben soll“, kann der heute 82-Jährige dieser Bauernregel nichts abgewinnen. „Gibt es eine Missernte, hat das mit dem Schaltjahr nichts zu tun“, ist er überzeugt. Er werde in seinem Garten in der Sparte „Muldestrand“ deshalb in diesem Jahr anbauen wie immer. Auch der 29. Februar ist für Willy Coradini ein Wintertag wie jeder andere.

Ähnlich sieht Klaus Ludolf, Vorsitzender des Stadtverbands der Gartenfreunde das Thema. „Ich kenne diesen Spruch gar nicht und halte das auch für Quatsch“. Seit 16 Jahren bewirtschaftet er einen Kleingarten und habe noch nicht festgestellt, dass Missernten mit dem Schaltjahr in Verbindung stünden. Ludolf gibt zu, sich darüber keinerlei Gedanken zu machen. „Ich mache es wie immer und was wächst, das wächst.“

Welche Veränderung die Gärtnerei Matthey in Dessau-Waldersee bei der Blütezeit bemerkt, lesen Sie auf Seite 2.

Frühblüher in voller Blüte

In voller Pracht unter schützendem Dach, wie in der Gärtnerei Matthey in Dessau-Waldersee. „Bei den Frühblühern sind wir komplett“, freut sich Firmenchef Ralf Matthey über gelungene Aufzuchten von Primeln, Hornveilchen nebst prunkenden Beeten bei Narzissen, Osterglocken und Krokussen. Jetzt könne allmählich die Sommerbestellung ins Auge gefasst werden, es gehe los mit den Geranien. Den Schaltjahr-Kaltjahr-Spruch nimmt der Gartenbauer nicht für voll, „das ist bloß gereimt. Was wir allerdings merken, sind Verschiebungen innerhalb der Jahreszeiten, wo sich der Winter und Frühling vermischen.“ Klimawandel in gemäßigter Form?

Die Natur unter freiem Himmel beschreibt die Jahreszeiten in zehn phänologischen Phasen der Vegetation. Da werden Frühling, Sommer und Herbst in je drei Abschnitte unterteilt. Aktuell stecken wir in Mitteleuropa demnach im Vorfrühling, der mit der Schneeglöckchenblüte begann und mit dem Verblühen der Weidenkätzchen endet. Der sich anschließende Erstfrühling ist hierzulande geprägt durch die Forsythienblüte, in Gärten auch zu erkennen durch die Blattentfaltung der Stachelbeere. Den Erstfrühling beschließen die austreibenden Blüten von Rosskastanie und Birke, ehe der Vollfrühling den Staffelstab übernimmt mit Apfelblüte und Flieder. Erblüht im Gras der Wiesenfuchsschwanz, der gemeine Haarzieher/-zieper, dann ist der phänologische Frühling vorbei. (mz)

Der 29. Februar ist der Schalttag des Jahres 2016 und gibt Anlass für allerlei Spekulationen.
Der 29. Februar ist der Schalttag des Jahres 2016 und gibt Anlass für allerlei Spekulationen.
Steffen Brachert
Willy Coradini vertraut der Natur.
Willy Coradini vertraut der Natur.
Lutz Sebastian