Interview mit Wilhelm Kleinschmidt Interview mit Wilhelm Kleinschmidt: «Man muss alles diskutieren»
Dessau/MZ. - Ist die Marktabfrage notwendig?
Kleinschmidt: Im September 2002 wurde die Entscheidung gefasst, keine Marktabfrage zu tätigen, keine Verkaufsaktivitäten zu entwickeln. Jetzt werden die Karten neu gemischt. Als Geschäftsführer der Stadtwerke mache ich das, was die Gesellschafter, und das höchste Gremium ist hier der Stadtrat, beschließen. Ich würde mich demzufolge der Marktabfrage stellen.
Das heißt noch nicht, dass Sie diese für notwendig halten.
Kleinschmidt: Mit geht es darum, dass die Stadträte Anfang September wissen, worüber sie abstimmen. Dessaus Stadtwerke haben in ihrer Komplexität eine Sonderstellung, die zu beachten ist. Ein Verkauf mit einem hohen Verkaufserlös ist aus meiner Sicht schwierig zu realisieren, weil in dem Querverbund zwischen Gewinnbringern und Verlustbringern eine Renditerückführung für einen Privaten schwer zu gewährleisten ist. Wenn die Rendite nicht sieben Prozent und mehr beträgt, kann ein Investor das Geld auch zu Sparkasse bringen. Doch sieben Prozent gilt es erst einmal zu erwirtschaften.
Klarheit, ob ein Investor in Dessau einsteigt, kann letztlich nur eine Marktabfrage bringen.
Kleinschmidt: Ich will diese Marktabfrage nicht bekämpfen. Ich will aber auf die Gefahren aufmerksam machen. Ich merke, es gibt viel Unwissenheit. Das Für und Wider muss man neutral darstellen - und das ohne eine Schlammschlacht.
Geht das? Niemand vermag zu sagen, was richtig oder falsch ist.
Kleinschmidt: Man muss alles diskutieren. Ich habe aber die Befürchtung, dass wir mit einer Marktabfrage einen Prozess in Gang setzen, an dessen Ende die Zerschlagung der Stadtwerke steht, weil ein Investor meist nur an den gewinnbringenden Sparten interessiert ist. Was will der mit den Verlustbetrieben und den enormen Schulden aus dem Abwasserbereich?
Ein möglicher Investor wird häufig als strategischer Partner bezeichnet: Könnte der den Dessauer Stadtwerken nicht helfen?
Kleinschmidt: Im Ergebnis haben Dessaus Stadtwerke im Jahr 2001 eine schwarze Null geschrieben. Das ist in Ostdeutschland bei vergleichbaren Unternehmen nirgendwo sonst gelungen. Unsere Strategien stimmen also. Und noch mal: Ich sehe zwar Partner, die einzelnen Sparten durchaus helfen könnten. Ich sehe aber keinen Partner, der den Stadtwerken in ihrer Komplexität helfen würde. Kooperationen laufen bereits jetzt in einzelnen Bereichen mit anderen Stadtwerken oder Unternehmen.
2002 sieht das Ergebnis nicht mehr so gut aus.
Kleinschmidt: Wir haben unsere Bilanz noch nicht verteidigt. Deshalb kann ich dazu noch nicht viel sagen. Das operative Ergebnis hat sich planmäßig verbessert, es gibt aber auch außergewöhnliche Einmalbelastungen.
Gegner eines Teilverkaufs der Stadtwerke fürchten den weiteren Abbau von Arbeitsplätzen, steigende Preise, verlorene Aufträge für Dessau. Zu recht?
Kleinschmidt: Das ist schwer zu sagen. Ein Beispiel: Wir haben jetzt knapp über 400 Mitarbeiter im Unternehmen. So viel kann man da nicht mehr machen. Wir haben den Verkehrsbetrieb und sieben Bereiche im durchgehenden Schichtbetrieb. Da ist eine Mindestanzahl von Mitarbeitern notwendig. Die Frage ist immer, was passiert, wenn ein Investor nicht mehr das Ergebnis bekommt, was er sich beim Einstieg vorstellt? Dann wird mit sehr harten Bandagen gekämpft.
Sollten die Bürger über einen Teilverkauf entscheiden?
Kleinschmidt: Aus diesem Thema halte ich mich raus.