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Industriehafen Roßlau Industriehafen Roßlau: Das Geschäft brummt

Von silvia Bürkmann 25.01.2016, 10:30
Stahlblechverladung im Industriehafen Roßlau.
Stahlblechverladung im Industriehafen Roßlau. thomas ruttke Lizenz

Rosslau - Schiffbruch, Havarie, Rettungstaucher - zuletzt bewegte sich der Industriehafen Roßlau in gefährlichen Schlagzeilen. Längst aber hat der Hafenalltag das Unternehmen wieder voll im Griff: Ladungen von Binnenschiffen sind zu löschen, zu sortieren und auf Straße oder Schiene umzuschlagen. Wenn Hafenbetriebsleiter Lutz Wiesel ganz spontan und kurz die aktuellen Geschäfte beschreiben sollte, würde er wohl sagen: „Es brummt. Mit vier M.“

Lager voller Bleche

Hinschauen und Hinhören bestätigen diesen Eindruck. Diesellok1 rangiert mit Quietschen und Scheppern über das Gleis neben dem Hafenbecken, um dann im verhaltenen Schritttempo zurückzusetzen. Auf den Lagerflächen im großen Radius um Hafenkran Fritz stapeln sich die Stahlbelche. Seit Neujahr in Summe rund 3.000 Tonnen. Entladen von insgesamt vier Binnenschiffen. Zuletzt wurden die Bleche von MS „Silja3“ gelöscht. Bis auf’s Letzte.

Ein Binnenschiff kann durchschnittlich 1.000 Tonnen Ladung aufnehmen. Und bei gutem Wasser auch transportieren. „Silja“ aber hatte rund 300 Tonnen weniger im Schiffsbauch. Wurde bereits in Magdeburg „geleichtert“. „Weil das Wasser eben nicht mehr gut ist“, blättert Wiesel den aktuellen Elektronischen Wasserstraße-Informationsservice (Elwis) auf. Danach meldete der Pegel Dessau am Leopoldshafen in der Vorwoche noch einen Wasserstand von 185 Zentimetern schon mit fallender Tendenz. Am Sonntag waren es noch 150 Zentimeter. Damit war klar: Die in Magdeburg zwischengelagerten 300 Tonnen sind per Schiff nicht mehr günstig zu transportieren. Also wird per Lkw nachgeliefert.

Im Industriehafen Roßlau werden dann die aus China und Übersee nach Antwerpen gebrachten Bleche sortiert und von einem externen Unternehmen auf Qualität und Maßhaltigkeit geprüft. „Dabei werden die Bleche stückweise kontrolliert“, beschreibt Wiesel ein ausgeklügeltes Prozedere mit langen Zifferncodes und strengen Protokollen für den Auftraggeber. Auf die China-Bleche wartet die Ambau Windservice GmbH.

Je nach Umfang und Höhe der Windkraftanlage werden in einem ihrer Türme rund 25 Bleche verbaut. Und damit das richtige Blech in den richtigen Turm kommt, sortiert der Industriehafen Roßlau die Bleche nun auch schon nach Farben.

Aktuell randvoll zugepackt mit Arbeit ist der Hafen bis Ende März. Und ein gutes Hafenjahr startet erfahrungsgemäß mit einem guten erstem Quartal, so Wiesel. Für den Anschlussauftrag habe Ambau nach der aufwendigen und teuren Extra-Leichterung des Binnenschiffes nun umgedacht, will die Transporte jetzt per Bahn abwickeln. Aber auch hier hat der Industriehafen Roßlau wieder den Fuß in der Tür: „Weil wir als trimodaler Umschlagplatz auch einen Gleisanschluss ans Netz der Deutschen Bahn haben“, sagt Wiesel stolz. Um sich gleich zu korrigieren: Eigentlich ist das Hydrierwerk Rodleben der Anschlussinhaber. Häufiger genutzt aber wird das Gleis vom „Nebenanschließer“ Industriehafen.

Jetzt per Bahn angeliefert

Ein Anschluss ans Netz der Deutschen Bahn ist ungemein wertvoll und heutzutage „fast nicht mehr zu bezahlen“. Zugleich aber müsse das gute Stück auch regelmäßig gewartet und repariert werden. Der Hafenverbund der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe (SBO), zu dem der Roßlauer Hafen gehört, hat daher die Weiche an der Einfahrt zum Industriegebiet Hafen (am Getreidehandel Geltinger) inzwischen selbst saniert. Einige Gleisschwellen melden inzwischen aber auch Reparaturbedarf an. „Das alles wäre zu schaffen, wenn die Stadt Dessau-Roßlau mit ihrem Hafen-Projekt zur Modernisierung von dessen Infrastruktur endlich ,in die Puschen’ käme“, wie Wiesel sagt. Die Stadt hält mit 51 Prozent die Mehrheitsanteile am Industriehafen Roßlau. Das Projekt aber stockt seit Jahren. Im Mai 2015 hat Magdeburg die 80-prozentige Landesförderung des 10,5 Millionen-Projektes per Fördermittelbescheid zugesagt.

Das Vorhaben aber ist nicht allein für den Industriehafen von immenser Bedeutung. Auch das benachbarte DHW partizipiert und vor allem die Ansiedler im Hafen. Und könnten ohne ebendiesen wertvollen Bahnanschluss und in Zeiten anhaltender Niedrigwasserphasen wohl nicht so lange ausharren wie Geltinger, Dykerhoff Transportbeton oder Schrott-Wetzel. (mz)

Jörg Prinke richtet das Blech vor dem Anhieven am Kran aus.
Jörg Prinke richtet das Blech vor dem Anhieven am Kran aus.
Thomas Ruttke Lizenz