Hotel "Stadt Dessau" Hotel "Stadt Dessau": Wiedersehen der ehemaligen Kollegen und Mitstreiter

Dessau - Eigentlich hätten sie sich im Café Schäfer in der Kavalierstraße treffen müssen, dem aktuellen Nachfolgeobjekt des Hotels „Stadt Dessau“. Das schließt aber um 18 Uhr. Für ein Treffen einstiger Arbeitskollegen viel zu früh.
Und so wurde das Teehäuschen der Treffpunkt für das große Wiedersehenstreffen am historischen 9. November. Knapp 60Kollegen der einst 80-köpfigen Belegschaft waren dabei - ein großer Tisch war für sie reserviert. Lothar Herzog, dem Organisator des Treffens und langjährigen gastronomischen Leiter bis 1989, ist noch Tage später überwältigt von diesem großen Zuspruch. „Einige habe ich fast 40 Jahre nicht gesehen, das war spannend, lustig und berührend gleichermaßen.“ Sogar aus der Schweiz oder dem Süden und Norden Deutschlands seien Kollegen angereist.
Auch wenn das optische Erkennen nicht bei jedem gleich funktionierte, „gefremdelt“ wurde dennoch nicht. „Auch wenn ich viele nicht wiedererkannt habe, hat es mich gefreut, Gesichter oder Stimmen nach einer gewissen Zeit zuordnen zu können“, schrieb etwa Lothar Lingner an Herzog. Er war bis zur Schließung des Hotels 1995 Küchenchef. Der Abschied sei ihm damals nicht schwer gefallen, so Lingner. „Es war kein Betrieb mehr, alles wurde mehr oder weniger demoliert und die Ära Hotel Stadt Dessau ging zu Ende“, schildert er.
„Besonders die Notizen zum Plan der Restaurantleiter, die wir seit 1977 geführt haben, waren gefragte Lektüre“
Lothar Herzog hatte übrigens von Amtswegen den letzten Betreibern die Gewerbe-Abmeldung zum 30. April 1995 bescheinigt. Der 65-jährige jetzige Ruheständler war seit 1992 im Ordnungsamt der Stadt tätig und dort für die Kontrolle der gastronomischen Einrichtungen zuständig. „Da stand ich auf der anderen Seite und musste einstigen Kollegen auf die Füße treten“, erzählt er.
Dass dies nicht alle toll gefunden haben, sei ihm bewusst. „Aber ich habe trotzdem kein Auge zugedrückt.“ Das Verständnis für die Probleme der Gastronomen hatte Lothar Herzog aber immer. 1970 hatte er im Ratskeller eine Lehre als Kellner begonnen. 1976 wurde er Serviermeister im Hotel Stadt Dessau.
Zum Treffen reiste Herzog übrigens mit großem Gepäck an - Fotos, Schicht-Tagebücher, Dienstpläne, Tagespläne, Wettbewerbsprogramme, Aufzeichnungen zu Betriebsausflügen brachte er mit - und sorgte damit für viel Gesprächsstoff. „Besonders die Notizen zum Plan der Restaurantleiter, die wir seit 1977 geführt haben, waren gefragte Lektüre“, schmunzelt Herzog. Denn dort waren auch die kleinen Verfehlungen notiert.
Viel Gesprächsstoff boten auch die Speisekarten, die Lothar Herzog und etliche andere mitgebracht hatten
Herzog erinnert sich noch gut daran, wie schwierig es im Sommer und Herbst’89 geworden war, einen Dienstplan hinzubekommen. Denn etliche Kollegen verließen auf zum Teil abenteuerlichen Wegen das Land gen Westen. „Die Dienstplangestaltung wurde zum Lotteriespiel, denn keiner wusste, ob der, der drin steht, noch da ist.“
Viel Gesprächsstoff boten auch die Speisekarten, die Lothar Herzog und etliche andere mitgebracht hatten. Filetsteaks aller Art seien sehr beliebt gewesen, erinnert sich Herzog. Und auch daran, dass die Köche stolz waren, wenn sie das gut hinbekommen haben „Dann standen sie in der Küchentür und schauten, wie die Gäste reagierten auf ihr Essen.“ Küchenchef Lothar Lingner erzählt von der Hilfsbereitschaft untereinander. „Ist uns mal eine Sorte Fleisch ausgegangen, sind wir in den Ratskeller gegangen und haben was geborgt. “
Unendlich viele Geschichten wurden erzählt. Und so viel mehr gäbe es noch zu erzählen, konstatierte Lothar Lingner. Ein nächstes Treffen steht damit wohl zwingend auf der to do-Liste. (mz)
Das „Hotel Stadt Dessau“ wurde am 3. August 1976 eröffnet. Zuvor befand sich dort das bekannte Tanzcafé Tirana. Das Hotel hatte 132 Betten. Im Gastraum des Restaurants und im so genannten Teezimmer gab es 180 Plätze, die Bar hatte 40 Plätze bei 80 Beschäftigten.
Rechtsanwalt Reinhard Walter, und der Architekt Rainer Dombrowski haben im August 1991 das Hotel von der Treuhand erworben und es bis Mitte 1995 betrieben. Danach erfolgte der grundlegende Umbau mit der Öffnung, der Passage zum Innenhof, Von 1997 bis 2003 hat Familie Altmann am für sie historischen Standort wieder das Kaffeehaus Altmann betrieben.
Von 2003 bis 2008 wurde das Objekt unter dem Namen Kaffeehaus Wassily von unterschiedlichen Personen betrieben. In dieser Zeit erfolgte die Trennung in zwei separat zu bewirtschaftende Objekte; an der Straßenfront blieb das Café erhalten, das bis heute als solches von unterschiedlichen Inhabern betrieben wurde, z.B. als Café Lantzsch. Im dahinter liegenden Teil, zugänglich von der Passage, entstand die Bar MAXXIM, die mit unterschiedlichen Gastwirten von 2009 bis 2015 geöffnet war.

