Hilfe für Sinnesgeschädigte in Dessau Hilfe für Sinnesgeschädigte in Dessau: Seelsorgerin geht in den Ruhestand
dessau - Es ist eine Sprache der Zeichen und Gesten, auf die manche Menschen dringend angewiesen sind. Wenn das Gehör so schlecht ist, dass selbst mit Hörgeräten eine normale Konversation kaum möglich ist oder jemand komplett taub ist, dann braucht es zur Verständigung die Gebärdensprache. Barbara Schulz hat dieses Alphabet aus Zeichen und Gesten irgendwann einmal gelernt, damit Schwersthörige und Gehörlose auch die Botschaften in den Gemeinden der evangelischen Landeskirche, insbesondere in Dessau, verstehen können. Doch jetzt nimmt dieser Weg ein Ende. Mit 66 Jahren geht die Seelsorgerin für Sinnesgeschädigte endgültig in den Ruhestand.
Abschied um ein Jahr verschoben
Ein Jahr länger als üblich geplant hat sie ihr Amt noch ausgefüllt. „Man muss aber auch mal loslassen können“, sagt sie am Rande ihrer Verabschiedung am Sonnabend mit einem Gottesdienst und Empfang in der Georgenkirche und dem Diakoniezentrum St. Georg. Viele sind gekommen, Pfarrer und Pfarrerinnen, mit denen sie in den vergangenen Jahrzehnten gut zusammengearbeitet hat sowie andere berufliche und private Weggefährten und natürlich ein Großteil ihrer Menschen mit Behinderung.
Vorab musste Schulz ihnen klarmachen, dass sie die Blicke an diesem besonderen Tag einmal nicht auf sie fokussieren. Üblicherweise war sie es, die sonst in Gottesdiensten oder auf Veranstaltungen der Anker war, die das gesprochene Wort der Pfarrer und Pfarrerinnen oder anderen Redner simultan in Gebärdensprache übersetzte.
Landespfarrer für Gehörlose als Dolmetscher
An prominenter Stelle auf der Kanzel in der Georgenkirche stand am Sonnabend Andreas Konrath aus dem thüringischen Triptis, Landespfarrer für Gehörlose im südlichen Teil der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands, und übernahm den Job des Dolmetschers bei der Verabschiedung seiner Berufskollegin. Er machte Schulz auch ein besonderes Geschenk und überreichte einen Kaktus. „Es ist eine besondere Pflanze für eine besondere Person“, begründete er. Tief verwurzelt, ein Meister im Wassersparen, pieksig, mit der Hoffnung, dass daraus irgendwann schöne Kakteenblüten treiben. Das waren die Metaphern auf die Arbeit der Kollegin.
„Du hast angepackt, wo viele Hindernisse sahen und deine Arbeit gegen alle Rotstifte und Debatten verteidigt“, lobte Konrath. „Sie haben sinnesgeschädigten Menschen in den Gemeinden auch immer ganz praktisch geholfen und vor allem eine Teilhabe am Gemeindeleben, also damit Inklusion geleistet“, sagte anerkennend Ramona Eva Möbius, Oberkirchenrätin, zuständig für Bildung und Inklusion bei der Landeskirche.
Langjährige Beraterin für Sinnesgeschädigte
Nach einem Studium für Gemeindediakonie in Potsdam, war Schulz, die in Tangermünde in der Altmark geboren wurde, ab 1973 für das Diakonische Werk Dessau in der offenen Behindertenarbeit tätig. Sie beriet blinde und gehörlose Menschen und begleitete zahlreiche Veranstaltungen, unter anderem als Gebärdensprachendolmetscherin. Ab 2002 leitete sie auch eigenständig Gottesdienste für Gehörlose. „Ich bin dankbar für die Gabe, die mir zuteil wurde auf Menschen zuzugehen und sie mitzunehmen auf einem gemeinsamen Weg“, resümiert die ehemalige Seelsorgerin. Jetzt im (Un)ruhestand möchte die 66-Jährige Ordnung in ihre zahlreichen Ehrenämter bringen, auch da einiges loslassen und sich der Familie widmen. Sie ist verheiratet und Mutter zweier erwachsener Söhne. „Für eine Nachfolge sind wir in sehr guten Gesprächen“, ist Oberkirchenrätin Möbius zuversichtlich, die Stelle baldmöglich neu besetzen zu können. (mz)