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Herbert Bode geht in den Ruhestand Herbert Bode geht in den Ruhestand: Vom Amtsleiter zum Hilfsarbeiter

Von Sylke Hermann 23.03.2001, 20:30

Dessau/MZ. - Einer von 80 war er, und alle sprachen sie vom schmutzigen Wasser in Elbe und Mulde, von der schlechten Luft in Dessau, der hohen Grundwasserbelastung. "Das war die Realität." Und so stimmte Herbert Bode in das Konzert der Mitbewerber ein, versucht, seine "Schwachstelle Natur" nicht zur Schau zu stellen. Zu vergeben war der Chefposten im städtischen Umweltamt, das es bis dahin gar nicht gab. Bode, arbeitslos gewordener Chemiker auf Jobsuche, wollte ihn, weil er glaubte, für die Umwelt etwas tun zu können.

Heute ist das Wasser in Elbe und Mulde viel sauberer als damals, die Luft besser und die Grundwasserbelastung geringer. "Wir haben in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet." Bodes Bilanz und die seines Amtes ist keine schlechte, wie er meint.

65 ist er Anfang des Monats geworden; Zeit, in den Ruhestand zu gehen. "Sicher", stellt er in Aussicht, "werde ich mich weiter engagieren, aber es gibt auch Grenzen", lässt er wissen. Wo die sind, das müsse sich erst zeigen, aber es scheint, dass ihm das verordnete Ende seiner Berufstätigkeit sogar ein wenig zupass kommt: "Wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat", sinniert der scheidende Amtsleiter, "dann ist man auch froh, wenn es ein bisschen ruhiger wird." Als "Hilfsarbeiter" will er sich künftig verdingen, seiner Frau im Garten unter die Arme greifen, die er als ausgewiesene Blumenliebhaberin beschreibt. Zeit für die Briefmarken, die er in den vergangenen Jahren, wo so vieles im Umweltsektor der Stadt erst angeschoben werden musste, nur aufgehoben und verstaut hat und dabei nie in Ruhe betrachten konnte, diese Zeit will er sich jetzt nehmen. Und dann ist da noch ein Buch, eines über Dessau und die Region, das in absehbarer Zeit erscheinen soll und für das er - "natürlich nicht alleine" - die Koordination übernehmen wird. Bedeckt hält er sich, was eigens verfasste Geschichten angeht: "Eventuell." An Beschäftigung, ist der in seine Enkel vernarrte Großvater überzeugt, wird es ihm nicht mangeln.

Immer gerne gearbeitet zu haben, gibt er vor. Schon damals in der Chemie ("Ich bin mit Leib und Seele bei der Chemie gewesen."). Als einer, der das Metier von der Pike auf gelernt hat, ging er nach acht Klassen Schule ("Das war damals so.") erst in die Lehre, studierte dann in Magdeburg auf Chemie-Ingenieur und fand in der Filmfabrik Wolfen eine Arbeit, die ihm trotz vieler Probleme Spaß bringen sollte. Die Betriebsbedingungen waren "ziemlich unmöglich". Lösungen gab es weder für die Abwasserproblematik noch für Abfälle oder Luftfragen. 1986 will er öffentlich gefordert haben, den Betrieb aus Umweltschutzgründen zu schließen, "natürlich ohne Erfolg". <$7>Ein Die Konsequenzen dessen sollte er Jahre später noch zu spüren bekommen: "Ich war einer der ersten, die arbeitslos wurden." Bereit, sich mit dem Nichtstun anzufreunden, war er nicht. An Selbstständigkeit dachte er, wollte ein Ingenieurbüro eröffnen, seine Brötchen mit Umweltberatung verdienen. Er schmunzelt an seinen Aktionismus von einst denkend: "Ob es was geworden wäre, ich weiß es nicht." Aber versucht hätte er es.

Die Bewerbung um den Chefposten im Dessauer Umweltamt, auch die war mehr als ein Versuch nicht. Im Rückhalt hatte er das vom damaligen Rat des Bezirkes kurz zuvor ausgestellte Papier, selbstständig arbeiten zu dürfen. Einfacher hätte es das gemacht, ihn noch selbstbewusster auftreten lassen: "Ich hatte doch nichts zu verlieren."