1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Heimatstube Roßlau: Heimatstube Roßlau: Urväter-Hausrat dreingestopft

Heimatstube Roßlau Heimatstube Roßlau: Urväter-Hausrat dreingestopft

Von Thomas Altmann 24.03.2003, 18:42

Roßlau/MZ. - Bürgermeister Klemens Koschig betonte, als er kürzlich dem Konvent der nebenberuflichen Heimathistoriker die Pforte zur Schatzkammer öffnete, dass hier kein Museum entstehen solle und könne, sondern schlicht eine Heimatstube. Dabei erhebe man keinen Anspruch auf museologische Erkenntnisse. Vielmehr wolle man einen "Einblick in den Roßlauer Alltag" geben. Aber mit der jetzigen Präsentation scheint der Bürgermeister, dessen Steckenpferd die Geschichte ist, noch merklich unzufrieden zu sein.

Sieht man von den Exponaten der "Porzellbude", wie der Roßlauer Volksmund die Porzellanfabrik "Schomburg & Söhne" nannte, sowie von einigen Urkunden und Fotografien ab, verblasst wahrlich das Lokalkolorit. Den Bezug zum "Roßlauer Alltag" gilt es noch zu erarbeiten. Doch ABM-Stellen wird es für dieses Projekt, wie bisher geschehen, nicht mehr geben.

Das Hauptproblem formulierte Koschig so: "Es fehlen die Aufpasser". Dabei scheint er auf Frauen zu setzen, namentlich auf das Frauenkommunikationszentrum, welches den technischen Ablauf sichern könnte. Dann wäre es möglich, die Heimatstube in absehbarer Zeit zu eröffnen.

Von der Arbeitsgemeinschaft Heimatgeschichte gab es Zusagen, ehrenamtlich Ausstellungstücke zu inventarisieren. Vielleicht können im Ehrenamt auch die bisher dekorativ platzierten Exponate bestimmten Themen zugeordnet und ein Stück Stadtgeschichte veranschaulicht werden. Aber auch das Stöbern im Urväter-Hausrat hat seinen Reiz.

Einen Grundstock bildet schon jetzt die Porzellanfabrik. Seit 1884 gab es in der Burgwallstraße eine Steingutfabrik. Schon 1893 führte ein Brand zum finanziellen Ruin der Firma, die dann von der 1853 in Berlin gegründeten Porzellanfabirk Schomburg & Söhne gekauft wurde. Der Firmengründer Carl Schomburg war wie sein Vater einige Zeit Porzellanmaler in der Königlichen Porzellan Manufaktur (KPM) in Preußen. In Berlin hatte man mit der Herstellung von Apotheker- und Haushaltsgeschirr sowie Glanzvergoldungen begonnen. Als sich dieses nicht mehr rentierte, setzte Schomburg auf einen neuen Markt, die Produktion von Porzellanisolatoren für Telegrafenleitungen. Stilisierte Isolatoren finden sich noch heute im Fenstergitter der Direktorenvilla in Roßlau.

Nachdem die Firma eine Interessengemeinschaft mit der Porzellanfabrik Kahla eingegangen war, wurde in Roßlau zunehmend Gebrauchsgeschirr gefertigt. 1932 fiel die Fabrik in der Burgwallstraße der Weltwirtschaftskrise zum Opfer. Roßlauer Porzellan gehört heute zum Gros der Exponate in der Heimatstube. Doch auch diesen Aspekt der Wirtschafts- und Sozialgeschichte kann man sicher besser illustrieren.

Vielleicht glimmt im Trödelflair künftig doch noch ein Stück Stadtgeschichte auf - wenn das Ehrenamt dies zu leisten vermag.