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Handball Handball: Erzrivalen auf Augenhöhe

Von Steffen Brachert 26.04.2012, 17:55

Dessau/MZ. - Was macht ein Trainer, der ein Team hat, das sich auswärts - nun ja- relativ schwertut? Richtig. Der Trainer greift in die psychologische Trickkiste. "Bernburg ist nur 40 Kilometer", rechnet Georgi Swiridenko also vor. "Eigentlich ist das gar kein Auswärtsspiel."

Emotionales Hinspiel

Anhalt-Bernburg gegen den Dessau-Roßlauer HV: In der Bruno-Hinz-Halle steigt am Sonnabend, 16.30 Uhr, das 19. Anhalt-Derby. Die Bilanz ist nahezu ausgeglichen: Dessau-Roßlau hat neun Siege auf der Habenseite, Bernburg hat acht Partien gewonnen. Darunter das Hinspiel im November, vielleicht das emotionalste und umkämpfteste Aufeinandertreffen aller Zeiten war: Zwei Tätlichkeiten, drei Rote Karten, zwölf Zeitstrafen, zehn Siebenmeter, ein Nasenbeinbruch, ein Muskelfaserriss. Das war die nüchtern-statistische Bilanz.

"Bernburg hat über 100 Prozent gebracht, wir vielleicht 90", erinnert sich Swiridenko an die bittere 26:27-Niederlage, die noch lange für Gesprächsstoff sorgte. Weil die Schiedsrichter aus Aue kamen, dem damals noch ärgsten Konkurrenten im Kampf um den Aufstieg. Dessau-Roßlau fühlte sich benachteiligt. Ein wütender Präsident Thomas Zänger nannte die Ansetzung damals eine "gedankenlose und unprofessionelle Instinktlosigkeit". Vor allem aber die Schlussszene sorgte für Tumulte: Drei Sekunden vor Ende checkte Bernburgs Steffen Cieszynski den Dessau-Roßlauer Matthias Rudow in die Bande und nahm eine Verletzung mehr als in Kauf, um den Sieg zu sichern. Nur mit Mühe konnte eine Prügelei verhindert werden. All das zeigt: Spiele zwischen Dessau-Roßlau und Bernburg sind immer etwas Besonderes.

Die Saison ist für beide Teams gelaufen: Dessau-Roßlau steht mit 29:21 Punkten auf dem sechsten Platz der Tabelle. Bei drei Punkten Rückstand ist der dritte Platz noch in Reichweite. Doch der Neunte, Aufsteiger LVB Leipzig, liegt auch nur drei Punkte zurück. Gleich dahinter liegt Bernburg. 24:26 Punkte hat die Anhalt-Sieben geholt und damit eine einigermaßen solide Saison gezeigt.

"Bernburg spielt das, was sie können", sagt Swiridenko. "Und das machen sie gut." Vor allem das Zusammenspiel mit Kreisläufer Thomas Rindert ist das Markenzeichen der Bernburger. "Das gesamte Mannschaftsspiel ist auf ihn zugeschnitten", ist Swiridenko von Rindert angetan. Es ist herauszuhören. Wenn sich Dessau-Roßlaus Trainer einen Bernburger aussuchen dürfte, wäre Rindert erste Wahl. Oder doch Steffen Cieszynski, den erfolgreichsten Bernburger Werfer? "Der macht seine Sache gut." Im Hinspiel aber hatte ihn Dessau-Roßlaus Abwehr im Griff. Doch die Zeiten, wo Dessau-Roßlau in Bernburg wildert, scheinen vorbei. "Wir müssten mit einem Koffer losziehen", schmunzelt Swiridenko. Einem Koffer mit Geld. Doch Dessau-Roßlau fährt Sparkurs - und wird im Saisonfinale zusätzlich noch von enormen Verletzungsproblemen geplagt.

Vorigen Sonntag konnte das Team das kompensieren. Gegen Gensungen-Felsberg gelang das beste Spiel der Saison, obwohl mit Oliver Lindner nur ein einsatzfähiger Feldspieler auf der Wechselbank saß. Der Rest aber wuchs über sich hinaus. Vor allem Robert Lux, der beim souveränen 35:24-Sieg 15 Tore beisteuerte.

"Dessau-Roßlau hat das gegen Gensungen ganz einfach gespielt", sagt Bernburgs Rückraumspieler Alexander Weber nach der Video-Analyse. "Die haben sich immer wieder Freiwürfe erarbeitet, die Lux dann fast von jeder Position in die Maschen gejagt hat." Weber weiß: "Lux müssen wir in den Griff kriegen." Bernburg wird seine Kreise mehr einengen als Felsburg - und ist optimistisch. "Wir haben im Hinspiel bewiesen", sagt Weber, "dass wir mit unserem Erzrivalen auf Augenhöhe sind."

Kaum Entwarnung

Swiridenko sieht das nicht anders. "Bernburg ist ein anderes Kaliber als Gensungen." Sein größtes Problem: "Unsere personelle Lage ist nicht besser geworden." Chris Alisch (Zerrung), Daniel Holtz (umgeknickt) und Patrick Heddrich (Knöchel) werden fehlen. Wenn das Derby nicht noch Wunderheilungskräfte freisetzt. Allenfalls Martin Pratersch könnte in den Kader zurückkehren. Allerdings fast ohne Training. "Wir hätten einen Mann mehr auf der Bank." Es wäre ein Plus von 100 Prozent.

Die Vorgaben von Swiridenko sind klar: "Kampf annehmen. Tempo bestimmen." Letzteres ist vor allem die Aufgabe von Routinier Armands Uscins, der auf seine alten Tage noch zum Spielmacher wird. Not macht erfinderisch. Sonst würde man auch kaum versuchen, ein Auswärts- zu einem Heimspiel zu machen. Mal sehen, ob es klappt. Viele Fans werden helfen.