Grundwasser-Absenkung im Westfläming Grundwasser-Absenkung im Westfläming: Kein fröhlicher Fischzug
Deetz/MZ. - Es schien ein Volksfest zu sein wie in jedem Jahr. Wieder waren am Sonnabend mehrere Tausend Menschen an den Deetzer Teich gekommen, um den Fischzug der Teichwirtschaft von Hannelore Sachse mitzuerleben, vor allem aber, um einen frisch gefangenen Karpfen für den sonntäglichen Mittagstisch mit nach Hause zu nehmen. An unzähligen Ständen boten Landwirte, Imker und Fleischer der Umgebung ihre Waren feil, und die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr Deetz spielte zu dem bunten Treiben auf.
Wer jedoch über die Köpfe von Trompetern und Posaunisten blickte, der kam angesichts einiger warnender Schilder ins Grübeln: "Das letzte Mal Abfischen am Deetzer Teich?" stand dort und "Behörden gefährden die Existenz des Fischereibetriebes Deetz mit Untätigkeit." Der Vorsitzende des Bauernverbandes Mittlere Elbe, Hans-Joachim Wuttig, und Geschäftsführer Heinz Vierenklee klärten die Besucher auf, die sich neugierig um die Informationstafeln scharten.
"Trotz der hohen Niederschläge im Jahr 2001 ist der Wasserstand des Deetzer Teiches um mehr als 75 Zentimeter gesunken", teilte Vierenklee den Umstehenden mit. Als Ursache nannte er die Trinkwasserförderung für das Wasserwerk in Lindau. "Spätestens seit 1996 ist offensichtlich, dass mit der Trinkwasserförderung das Grundwasserregime durcheinander ist, aber keiner tut etwas dagegen", kritisierte der Geschäftsführer des Bauernverbandes.
Vorsitzender Wuttig informierte über die Gefahren für den Deetzer Teich: Seit Jahrhunderten sei das Abfischen des Teiches Höhepunkt der Fischwirtschaft. Dafür wird das Wasser in jedem Herbst abgelassen. Aus hygienischen Gründen ließ Fischwirtin Hannelore Sachse das Wasser aus der Nuthe erst ab dem Frühjahr wieder einlaufen, damit der Schlamm durchfrieren konnte. Das sei schon im vorigen Jahr nicht mehr möglich gewesen; denn die Nuthe führe kaum noch Wasser, weil einige ihrer Quellen versiegt seien. Schon in diesem Jahr sei der Deetzer Teich nicht mehr voll geworden und statt 1,50 Meter nur noch 76 Zentimeter tief, führte Wuttig aus. "Der Teich ist leer und das Maß ist voll", nannte er als Motto der Protest-Veranstaltung. Der Bauernverband ließ unter den Besuchern des Fischzuges Unterschriftslisten gegen die übermäßige Grundwasserförderung herumgehen, die dem Landtag überreicht werden sollen.
Auch er sieht als Ursache die "überzogene Grundwasserförderung". Durch die Förderung von acht Millionen Kubikmetern im Jahr trockne der Westfläming aus. "150 Quadratkilometer sind davon betroffen", sagte der Bauernverbands-Vorsitzende. Dabei entspreche das nur 48 Prozent der dem Wasserversorger TWM tatsächlich genehmigten Fördermenge. Während die geförderte Menge Grundwasser zwischen 1990 und 1998 von 3,25 Millionen Kubikmeter im Jahr auf 8,5 Millionen Kubikmeter gestiegen sei, wäre sie, so Wuttig, im Wasserwerk Colbitz auf 20 Millionen Kubikmeter im Jahr um die Hälfte reduziert worden. Eine Ringleitung durch Sachsen-Anhalt mache das möglich. Wuttig führte an, dass es in Sachsen-Anhalt eine Überkapazität bei der Trinkwassergewinnung von 80 Millionen Kubikmeter im Jahr gebe. Deshalb sei es durchaus möglich, zum Beispiel den Bereich Wittenberg aus der Rappbode-Talsperre zu versorgen, "statt den Fläming leer zu pumpen", wie das ein im Auftrag des Bauernverbandes erstelltes Gutachten vorschlägt. Der Wasserversorger wirft dem Bauernverband hingegen vor, damit die Stilllegung des Wasserwerkes Lindau zu betreiben.
Es sei nicht hinnehmbar, "dass hier ein Jahrhunderte alter Fischereibetrieb zum Sterben verurteilt ist", mahnte die Vertreterin des Landesfischerei-Verbandes Ulrike Weniger. Dem Deetzer Teich wie auch einem Fischereibetrieb in Möckern drohe jetzt das gleiche Schicksal wie den bis 1995 bewirtschafteten Karpfenteichen in Schweinitz und Rosian, die heute überhaupt nicht mehr zu sehen seien.
Fischwirtin Hannelore Sachse erinnerte daran, dass Fachleute bereits 1986 bei den Planungen für das Wasserwerk Lindau vor der drastischen Absenkung des Grundwassers gewarnt hatten.