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Gewerkschafter mal als Blumenkavaliere unterwegs

Von THOMAS STEINBERG 08.03.2009, 19:15

DESSAU/MZ. - Kleber ist Vorsitzender des DGB in der Region Dessau und am Sonntag zwei Stunden unterwegs, um Blumen zu verschenken. Anlass: der Internationale Frauentag. "Wir machen das zum ersten Mal", erklärt Kleber nach einer zweistündigen Tour vom Bahnhof über das Klinikum bis zu Straßenbahn- und Busdepot, und er staunt über den Erfolg. "Mit einem Info-Stand ist es schwerer, die Leute zu erreichen."

Mit einem Kollegen von Transnet und begleitet von Anke Berghäuser, Personalratsvorsitzende im Städtischen Klinikum, betritt er pünktlich um 12 Uhr den Hauptbahnhof. Die drei steuern den "Service-Point" an, der früher Auskunft hieß. Stefanie Hampel sitzt mit einem Kollegen dahinter, und als sie erkennt, dass der Besuch ihr gilt, lacht sie und schlägt vor Überraschung die Hand vor den Mund. Blumen gibt es und einen 78-Euro-Schein um, wie Kleber erklärt, darauf hinzuweisen, dass Frauen in Deutschland bei gleicher Qualifikation im Durchschnitt immer noch lediglich 78 Prozent dessen verdienen, was Männer auf ihren Gehaltskonten vorfinden.

Seit 28 Jahren ist Stefanie Hampel bei der Bahn. "Ich mach das sehr gern, auch wenn es vielleicht nicht der Traumjob ist." Kleber sagt, man müsse gelegentlich daran erinnern, dass es Menschen gebe, die am Wochenende arbeiten müssten, wenn andere frei haben. Stefanie Hampel findet es so ungewöhnlich nicht, und sie freut sich viel mehr über die Blumen und den Besuch, als dass sie den Gewerkschaftsspruch "Frauen bestimmt!" ernst nehmen würde.

Berghäuser und Kleber fahren weiter ins Klinikum, der Verdi-Kollege Uwe Hentschke kommt dazu. Gemeinsam schauen sie auf mehreren Stationen vorbei, wo am Wochenende so gut wie ausschließlich Frauen Dienst haben. Auch hier: Überraschung, Lachen. Eine Schwester sagt, für sie sei zu Hause ja schon Frauentag, wenn die Küche aufgeräumt sei. Im Bus- und Straßenbahndepot treffen Berghäuser und Kleber auf die Straßenbahnfahrerin Christine Goßmann. 14.06 wird ihr Dienst anfangen, 21.15 Uhr enden. Oft genug ist ihr der Sonntag Alltag. Nur der Sonntag, der war denn doch etwas anders.