Gastronomie Gastronomie: Frisch gezapft ist für viele Luxus
dessau/MZ. - Wie dem Rolling Art ging es in den letzten Jahren bereits vielen Kneipen und Restaurants in Dessau-Roßlau und Umgebung. Die Wirte mussten aufgeben. Von einem großen Gaststättensterben, wie jüngst die Mitteldeutsche Zeitung titelte, will Regina Gröger vom SAGA-Getränkegroßhandel, für die Region allerdings nicht sprechen. "In anderen Regionen, zum Beispiel Mansfelder Land, sieht es schlimmer aus", weiß sie aus der Liefertätigkeit ihres Unternehmens. "Allerdings arbeiten auch bei uns viele Wirte am Limit, und können nur überleben, weil sie Hartz-IV-Zuschüsse erhalten."
"Die Lage in der Gastronomie ist schwierig", konstatiert Brigitte Schulze, Vorstandsmitglied des Dehoga-Kreisverbandes Dessau-Roßlau / Wörlitzer Winkel. Ursachen dafür sieht die Wirtin im Brauhaus "Zum Alten Dessauer" viele. Das Rauchverbot nennt sie dabei als erstes. Seit 2008 gilt das Gesetz. "Zwar ist jetzt die Luft in den Gaststätten besser, aber wir haben damit erhebliche Umsatzeinbußen erlitten", so Schulze. "Die Gäste bleiben nicht mehr so lange." Das gemütliche Bier oder Glas Wein nach dem Essen oder der Kneipenbesuch "auf ein Glas" falle weitgehend aus. "Die Leute gehen gleich nach dem Essen oder kommen gar nicht erst."
Ein Gaststättenbesuch ist auch eine Frage des Geldes. 20 Euro sind mindestens einzuplanen pro Person. "Das können sich viele nicht leisten", weiß Brigitte Schulze. "Regelmäßige Gaststättenbesuche sind bei den niedrigen Netto-Einkünften des Großteils der Bevölkerung einfach nicht drin", sieht auch Regina Gröger in diesem Punkt eine wesentliche Ursache für die oft leeren Gasträume.
Die Mitglieder des Dehoga-Kreisvorstandes indes beunruhigt ein weiterer Punkt: "Die Schattenwirtschaft macht uns große Sorgen", erklärt Brigitte Schulze. Viele Vereine, die Gemeinden, kirchliche Einrichtungen und Freiwillige Feuerwehren vermieten Räumlichkeiten für Familienfeiern, die als Selbstversorger, maximal mit einem Caterer, ausgestaltet werden, oder bieten selbst Getränke an. "Dieser Umsatz fehlt der Gastronomie." Hinzu käme, dass für diese Schwarzgastronomie weder Gema noch Künstlersozialabgabe oder anderweitige Gebühren zu entrichten seien. "Hier sehe ich dringenden Handlungsbedarf", so Schulze.
Ebenso wie beim Gaststättengesetz Sachsen-Anhalts. "Die Kosten für die diversen Genehmigungen und Behördenstempel vor der Eröffnung müssen minimiert werden", findet Regina Gröger. Derzeit müsse man dafür 6 000 bis 8 000 Euro aufbringen.
Worauf indes größerer Wert als bisher gelegt werden sollte, ist eine Mindestqualifizierung der Wirte, sind sich die beiden Frauen einig. In diesem Punkt werde zu großzügig verfahren, was wiederum ein Qualitätsverlust für die gesamte Branche nach sich ziehe.
Das Thema Qualität - sowohl in der Küche als auch im Service- sieht Brigitte Schulze als ein weiteres nicht unwesentliches Kriterium für den Erfolg oder Misserfolg einer Gaststätte. "Das ist bei uns in der Region ein großes Thema, an dem wir arbeiten müssen", so das Mitglied des Dehoga-Kreisvorstandes. Dabei spiele nicht nur die Qualifizierung des Wirtes eine Rolle, sondern auch die des Personals. "Ungelernter Wirt und ungelernte Kellner, das kann nichts werden."
Qualifiziertes und motiviertes Personal zu finden, sei aber zunehmend ein Problem, betont Schulze. Lehrlinge seien nur schwer zu finden. "Die jungen Leute schreckt die Arbeitszeit und die nicht üppige Entlohnung ab", kennt Schulze die Gründe.
Die Qualität des Essens und der Bedienung seien aber wesentliche Kriterien für die Gäste. Wurden sie einmal enttäuscht, kommen sie nicht wieder - und reduzieren generell ihre Gaststättenbesuche, aus Angst, wieder enttäuscht zu werden. Umgekehrt funktioniert es aber auch: "War der Gast zufrieden, kommt er auch wieder", beschreibt Regina Gröger ihre Beobachtungen.