Gar nicht auf dem Holzweg Gar nicht auf dem Holzweg: Holzkünstler aus Roßlau beliefert Fans weltweit

Roßlau - Jürgen Hallbauer hat sie alle. Freddy Mercury, die Beatles, Jim Morrison, John Wayne, Mick Jagger, Marilyn Monroe und noch ein paar andere lebende und längst verblichene A-Promis hängen in trauter Eintracht im oberen Flur seines Hauses in der Roßlauer Ziegelstraße. Auf Holz hat der 67-Jährige mit Hilfe fotografischer Vorlagen die Idole seiner Jugend mit der Laubsäge verewigt.
„Schon als Kind habe ich an so etwas Gefallen gefunden“, erzählt er. Mit den Großeltern baute er, blickt Hallbauer zurück, „auf ziemlich abenteuerliche Weise eigene Laubsägen“. Trotzdem funktionierte es irgendwie und alle Finger blieben auch dran, muss er lachen.
Viele Anfragen
Der einst verspielte Junge ist längst ein gestandener Holzkünstler mit professionellem Werkzeug. In der Werkstatt hinter dem Haus liegen Massen an Holzstücken und -platten, die darauf warten in etwas Kunstvolles verwandelt zu werden. Mal werden es Bilder von Prominenten, ein anderes Mal mit vielen Ornamenten versehene Schmuckkästen, Weihnachtspyramiden, Lichterbögen oder Krippen.
Sein bisheriges absolutes Meisterstück ist eine Mantova Uhr. Es ist eine Pendeluhr mit zahlreichen filigranen Verzierungen, mit eingebautem Lautsprecher, der nach Bedarf viertelstündlich den berühmten Westminster-Gong zum Besten gibt. Wie viele Stunden er daran gesessen hat, kann Hallbauer nicht mehr sagen. Zeit spielt für sein größtes Hobby sowieso nur eine sekundäre Rolle. Seit 12 Jahren, seit der Diplomingenieur für Schwermaschinenbau, der jahrelang bei ZAB Dessau arbeitete, krankheitsbedingt verrentet ist, nutzt er jede Gelegenheit, die er hat, um in seiner Werkstatt regelmäßig neue Sachen zu kreieren. Wenn die Dinge, die seine Werkstatt verlassen, fertig sind, werden sie fotografisch dokumentiert und in Aktenordnern gesammelt. Zwei dicke Ordner umfasst mittlerweile sein Archiv.
Manches, was er mit der Laubsäge kreierte, haben Hallbauer und seine Frau behalten. „Vieles ist heute auf der halben Welt Zuhause“, erzählt der Roßlauer. Auf seine Urlaubsreisen, unter anderem nach Italien und Österreich nimmt er regelmäßig Bilder, Schmuckkästen und andere Kunstwerke mit und findet dort immer sehr dankbare Abnehmer.
Durch Mundpropaganda und Fotos, die von seinen Sachen auf verschiedenen Webseiten veröffentlicht sind, kamen und kommen aus dem In- und Ausland auch neue Anfragen rein. Er entscheidet dann, ob er die Kundenwünsche erfüllt oder nicht. „Ich nehme dafür kein Geld“, betont Hallbauer.
Manchmal wollen etwa zu einem Firmenjubiläum Unternehmen ihre Chefs so in Holz verewigen, wie einen seiner Film- und Rockstars. Einmal hatte er auch eine höchst unmoralische Anfrage. Jemand wünschte sich einen Lichterbogen mit Hakenkreuz und anderen völkischen Symbolen. Das lehnte er kategorisch ab.
Ein ganz großer Traum
Auch in der Region ist der Roßlauer mit seiner Kunst gefragt. Zuhauf hat Hallbauer schon Lichterbögen, Pyramiden und anderen Weihnachtsschmuck an hiesige Krakenhäuser, Pflege- und Altenheime verschenkt. Geschenke für Verwandte, Freunde und Bekannte braucht er auch nicht zu kaufen. Die fertigt er einfach selbst. „Individuellere Präsente gibt es kaum“, stellt der Roßlauer fest. Und das Sägen geht fröhlich weiter. Um Jimmy Hendrix und Ozzy Osbourne will Hallbauer seine Prominentengalerie erweitern.
Der Roßlauer hat auch noch einen ganz großen Traum, von dem er aber nicht weiß, ob er ihn sich noch erfüllen wird. „Den Mailänder Dom, im Maßstab nachzubauen, das wär’s. Allerdings sagt mein Bauplan, dass ich dafür 4 000 Stunden bräuchte. Ob ich noch so viel Zeit habe, müsste ich mit dem da oben noch einmal verhandeln“, sagt er nachdenklich. (mz)
