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Folgen der Anschläge in den USA Folgen der Anschläge in den USA: Warten auf Flugzeug nach Deutschland

Von Frank Harnack 14.09.2001, 18:19

Montreal/Dessau/MZ. - Die Heimreise war genau geplant: Montag Autofahrt nach Montreal, Übernachtung im Motel, Dienstagfrüh zum Flughafen, einchecken, Flug nach Frankfurt/Main, von dort zurück nach Dessau. Doch daraus wurde nichts. Als Axel Zehrfeld, Ruderer der RV Dessau und Teilnehmer der Senioren-Weltmeisterschaften in Kanada, Dienstagfrüh kurz noch einmal den Fernseher anschaltete, brannte das World-Trade-Center schon.

"Ich habe dann die gesamte Gruppe zusammengetrommelt, weil ich ahnte, dass das Folgen haben wird. Wir sind schnell zum Flughafen gefahren, doch es war zu spät, alle Flüge waren gecancelt, der nordamerikanische Luftraum komplett gesperrt", erklärt er am Telefon. Seitdem sitzen Zehrfeld und seine Ruderkollegen Siegfried Mehl mit Frau Sylvia aus Dessau, Kersten Kohrs mit Frau Natascha Fieding aus Wolfsburg, die Schönebeckerin Gabriela Wölfer sowie Chris Eisenkrämer und dessen Freundin Heike Junkers aus Wuppertal in Montreal fest. Zur Zeit geht kein Flug, der Tag der Rückkehr ist vollkommen ungewiss. "Wenn wir Glück haben wird der Flughafen am Montag wieder geöffnet. Realistischer ist aber wohl Ende kommender Woche", sagt der Muldestädter. Bis dahin müssen sich die Ruderer so gut es geht über Wasser halten. "Zur Zeit leben wir hier voll auf Kreditkarte oder Reise-Schecks. Bloß irgendwann ist auch deren Limit erreicht", meint Zehrfeld.

Der Tagesablauf ist immer der gleiche. Nach dem Frühstück teilt sich die Gruppe, die eine Hälfte fährt zum Flughafen, in der Hoffnung, positive Nachrichten zu erhalten, die andere bummelt durch Montreal. "Auf dem deutschen Konsulat hier haben sie uns gesagt: durchhalten. Seien sie froh, dass sie kein Härtefall sind", berichtet Zehrfeld. Er und seine Mitstreiter haben Glück, dass sie in einem Motel (Übernachtung 20 kanadische Dollar pro Person, etwa 35 Mark) untergekommen sind und ihren Aufenthalt problemlos von Tag zu Tag verlängern können. Tausende anderer Touristen müssen auf dem Flughafen ausharren. "Die haben aus den Sitzen in der Flughalle die Polster rausgenommen und sich daraus Schlafplätze gebaut", hat Zehrfeld beobachtet. Auf den Flughäfen der kanadischen Ostküste warten insgesamt 16 000 Passagiere auf eine Passage.

Am Mittwoch keimte kurz Hoffnung auf. Air Canada, hieß es, bietet einen Direktflug nach Frankfurt/Main an. "Doch dann fand das FBI in New York einen Mann mit falschem Pass, der in Besitz eines Pilotenscheins war, und schon wurde alles wieder gestrichen. Die Nachrichten überschlagen sich."

Der unfreiwillige Aufenthalt drückt die Stimmung in der Gruppe. Die Sorge um dem Job, Zehrfeld beispielsweise hat eigentlich keinen Urlaub mehr, ist das eine, auf Gabriela Wölfer aber warten zu Hause auch zwei Kinder.