Für 400.000 Euro gestohlen Festnahme noch im Gerichtssaal: Seriendiebin aus Dessau muss für dreieinhalb Jahre in Haft
Wegen 86 Ladendiebstählen hat das Landgericht Dessau am Mittwoch eine 47-jährige Dessauerin verurteilt. Die Frau hatte über viele Jahre unendlich viele Diebeszüge unternommen. Die Polizei brauchte mehrere Lkw, um die Ware abzutransportieren. Auf Milde konnte sie nicht mehr hoffen.

Dessau-Rosslau/MZ/TST. - Wegen 86 Ladendiebstählen hat das Landgericht Dessau am Mittwoch eine 47-jährige Dessauerin zu dreieinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilt und zudem Untersuchungshaft verhängt. Es bestehe Fluchtgefahr, so das Argument, weil die Hoffnung der Angeklagten durchkreuzt wurde, erneut mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen. Die Frau wurde noch im Gerichtssaal festgenommen.
Der Dessauer Fall war wegen der Dimensionen der Diebstähle ungewöhnlich: Gericht geht von einem Schaden von 400.000 Euro aus
Der Fall war wegen der Dimensionen der Diebstähle ungewöhnlich, die die Angeklagte über Jahrzehnte hinweg begangen hatte. Bei einer Hausdurchsuchung waren mehrere Lkw-Fahrten nötig, um das über 1.000 Tüten fassende Diebesgut abzutransportieren. Dessen Wert war auf insgesamt rund 400.000 Euro geschätzt worden. Die Frau war zuvor mehrfach einschlägig zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Der jetzige Prozess hatte im März begonnen. Die Frau war 2020 nach einem Baumarktdiebstahl aufgeflogen.
Von den 146 angeklagten Diebstählen sah das Gericht 86 als erwiesen an. Einerseits, weil die Frau auf frischer Tat ertappt worden war, andererseits weil der Filialleiter eines Baumarkts stutzig wurde, dass eine Privatperson regelmäßig Elektrowerkzeuge der Hausmarke über das Internet feilbot.

Den Großteil des Diebesgutes aber hortete die Angeklagte: Lebensmittel, Werkzeug, Schuhe, Durchlauferhitzer, Spiegelei-Formen, CDs - es war alles dabei, was man aus Geschäften heraustragen kann. Warum? Weil sie nicht anders könne, es sei ein Zwang, hieß es in ihrem familiären Umfeld.
In der mündlichen Urteilsbegründung klang das etwas anders. Von einer Persönlichkeitsstörung sprach die Richterin und bezog sich dabei auf ein psychiatrisches Gutachten. Die Diebstähle seien eine Methode gewesen, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen ebenso wie die Aussage gegenüber Therapeuten, dass sie die einzige sei, die nicht geheilt werden könne. Die Angeklagte war mehrfach in psychiatrischer Behandlung, hat diese aber, so das Gericht, jeweils vorzeitig abgebrochen.
Eine verminderte Schuldfähigkeit der 47-Jährigen sah das Landgericht Dessau nicht als erwiesen an
Eine verminderte Schuldfähigkeit sah das Gericht nicht als erwiesen an, eine solche habe die Gutachterin zwar behauptet, aber nicht ausreichend begründen können. Eine Unterbringung in der Psychiatrie lehnte die Kammer ebenfalls ab: Diese sei das schärfste Schwert der deutschen Justiz und könne Unfreiheit bis zum Lebensende bedeuten.
Es fehle trotz der vielen Taten an der für die Unterbringung erforderlichen Gemeingefährlichkeit: Die ziele auf Menschen, nicht aber auf große Unternehmen, die Diebstähle ohnehin einpreisen würden. Gegen eine verminderte Steuerungsfähigkeit der Angeklagten spreche auch, dass sie ihr Operationsgebiet von Dessau aus Richtung Wolfen erweitert habe.
Das Urteil des Landgerichts ist nicht rechtskräftig.