Falknerei Wörlitz Falknerei Wörlitz: Steinadler Wotan zieht ein

Wörlitz - Neugierig dreht Wotan seinen Kopf um 180 Grad, um zu sehen, wer da kommt. Dass er der jüngste Nachwuchs in Jim Ohles Falknerei am Wörlitzer-Park ist, sieht man ihm nicht an. Denn Wotan ist ein Steinadlermännchen. Mit seinen gerade mal zehn Wochen bringt es „das Küken“ schon auf beachtliche vier Kilogramm Gewicht und eine mannshohe Flügelspannweite.
Vogelkauf im Internet
„Noch vier Wochen, dann ist er ausgewachsen“, erklärt Falkner Jim Ohle, der sich mit der Anschaffung des jungen Steinadlers einen Kindheitstraum erfüllt hat. „Mit gut vier Kilo Gewicht und einer Spannweite von etwa zwei Metern sind die Männchen zwar leichter, kleiner und handlicher als die Weibchen - können einen aber auch locker umhauen, wenn sie beim Anflug zu viel Schwung haben“, erzählt er. Wotan hat er über das Internet gekauft. „In Bayreuth gibt es eine große Falknerei, die Steinadler züchtet und an berechtigte Personen und Institutionen verkauft“, erklärt der Falkner.
Mit Wotan leben nun 17 Vögel - darunter Geier, Falken, Steppenadler, Bussarde, Eulen und Kauze - in der 2006 gegründeten Falknerei in Wörlitz. Jetzt in der Saison ist der 55-Jährige aus Schköna Tag und Nacht bei seinen Tieren. „Abends wird ja noch mal gefüttert. Auch unser Pflegekind, eine kleine Waldohreule, deren Nest beim letzten Sturm zerstört wurde, kommt als Freiflieger erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück zur Falknerei und bettelt ihren ,Papa’ um Futter an. Danach lohnt es sich nicht mehr, nach Hause zu fahren“, erzählt der Mann, der für seinen Beruf lebt.
Die Flugshows in der Falknerei Wörlitz finden von April bis zum ersten Wochenende im November täglich um 15 Uhr statt. Lediglich bei extremen Wetterlagen wie Starkregen, Sturm und starker Hitze über 36 Grad können keine Flugvorführungen in der Falknerei am Rand des Wörlitzer Parks direkt an der Straße Richtung Coswig am herzoglichen Forsthof stattfinden.
Selbst ein Falkner sein kann man bei Jim Ohle, der einen speziellen Lehrgang anbietet. Hier können Interessierte für zwei Stunden nicht nur hinter die Kulissen der Falknerei blicken, sondern dürfen - ausgerüstet mit einem stabilen Lederhandschuh und Fleisch - auch selbst einige der Tiere auf dem Arm halten und Ab- und Anflüge der Vögel hautnah miterleben.
Für Schulklassen und Gruppen gibt es in der Falknerei vormittags ein Angebot, bei dem die überwiegend jungen Besucher nicht nur die Tiere in Aktion erleben, sondern viel über ihre Natur und ihr Verhalten erfahren.
Weitere Infos, Terminvereinbarungen und Gutscheine bei Falkner Jim Ohle, Tel. 0177/6 20 21 40, bzw. unter www.falknerei-woerlitzer-park.de
„Falkner kann man nicht werden, man wird als solcher geboren“, behauptet Ohle, der schon als Kind ein besonderes Faible für die Natur und die Greifvögel hatte. „Ich bin in der Natur aufgewachsen und habe als 18-Jähriger zu DDR-Zeiten die Jägerprüfung abgelegt. Die ist nämlich Grundvoraussetzung für die Falknerprüfung, die ich mit nur wenigen anderen 1982 in Leipzig machen durfte. Mein erster Vogel war ein junger Habicht, den ich mir damals aus einem Nest holen durfte“, erzählt Ohle von einem ergreifenden Moment.
Wanderfalken oder gar Adler, die sich zur Jagd eignen, galten damals hierzulande als ausgestorben. Ausgerottet von einem Insektizid namens DDT, das der Landwirtschaft zwar gute Erträge sicherte, die Greifvögel als Letzte in der Nahrungskette aber massenhaft umbrachte. „Die heute wieder frei lebenden Wanderfalken sind fast alle Nachkommen von einst gezüchteten und ausgewilderten Tieren“, erzählt Ohle, der täglich zu spektakulären Flugshows einlädt. Wotan hat damit noch ein bisschen Zeit. Von seinen Eltern in der Voliere aufgezogen, bekommt der Jungvogel derzeit noch so viel zu fressen wie er will.
Trainingsstart in zwei Wochen
Aber in zwei Wochen geht das Training los. Da muss jeden Tag auch mit Futter geübt werden. Schließlich muss sich der Neue nicht nur an den Falkner und die anderen Vögel gewöhnen. Flugleine und Falknerhandschuh sind ebenso ungewohnt wie die Glöckchen oder der Peilsender, den die Jungtiere auf ihren ersten Freiflügen bekommen. Die helfen, dass die Tiere zurückgebracht oder gefunden werden. „Wenn ein Adler in einem Maisfeld landet, kommt der da allein nicht wieder raus. Da ist so ein Sender lebensrettend“, sagt Ohle. Nun arbeitet er täglich mit Wotan, nächstes Jahr soll der Steinadler fit sein für die Flugshow. (mz)

