Zweiter Prozesstag Ermordete chinesische Studentin Yangjie Li: Zweiter Prozesstag in Dessau
Dessau-Roßlau - Ohne ihn hätte die Suche nach Yangjie Li wahrscheinlich noch viel länger gedauert. Einem jungen Bereitschaftspolizisten aus Magdeburg ist es zu verdanken, dass die Leiche der chinesischen Studentin zeitnah geborgen werden konnte.
Der 24-jährige Lukas O. entdeckte die Tote am 13. Mai in Dessau hinter einem Dixie-Klo, versteckt unter einer Konifere und nur wenige Meter vom Tatort entfernt. Zwei Tage zuvor war Yangjie Li vom abendlichen Joggen nicht zurückgekehrt.
Am Landgericht Dessau, das gegen zwei Tatverdächtige wegen gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung verhandelt, wurde der Beamte am Montag in den Zeugenstand gerufen.
Andere Polizisten, die gleichfalls das Viertel rund um den ehemaligen Wohnsitz des Opfers durchkämmten, hatten seiner Auskunft zufolge die Stelle bereits passiert. Lukas O. jedoch nahm auch eine unscheinbare Lücke zwischen Dixie-Klo und Gebüsch genauer in Augenschein. „Unter Zweigen erblickte ich einen Kopf.“
Tote chinesische Studentin Yangjie Li in Dessau: Ein schrecklicher Anblick, auch für die Polizei
Beinahe wäre auch er weitergegangen, gab der Polizist freimütig zu Protokoll. Der Grund: „Die Tote sah aus wie eine Puppe.“ Der zweite Blick ließ ihn, der zuvor wohl noch keine Leiche aus nächster Nähe gesehen hatte, erschaudern.
Und das lag nicht nur an der schrecklichen Blässe des Gesichts, wie er sagte. Blutergüsse und viel geronnenes Blut hatten es fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Gerichtsmediziner brachten später die Leiche, die nach Auskunft des Polizisten gänzlich unbekleidet war, zur Obduktion nach Halle.
Erst nach weiteren zwei Tagen konnte nach Abgleich der DNA zweifelsfrei die Identität bestätigt werden.
Obwohl die Ermittler seither viele Indizien zusammengetragen haben, die die beiden Angeklagten schwer belasten, sind längst nicht alle Fragen beantwortet.
Das schaffte auch nicht der Ermittlungsleiter der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd, der einen Überblick zur Tätigkeit der extra für diesen Fall gebildeten Untersuchungsgruppe „Anhalt“ vermittelte.
So schlugen alle Versuche fehl, das verschwundene Mobiltelefon der Ermordeten zu orten. Am Tag des Verbrechens, exakt um 21.40 Uhr, wurde es ausgeschaltet. Zu diesem Zeitpunkt, so das Ergebnis einer elektronischen Fahndung, befand sich das Gerät am oder in unmittelbarer Nähe von Tat- und Fundort.
Auch eine kleine Tasche, die die Joggerin am Oberarm trug, bleibt spurlos verschwunden. Ebenso fehlen immer noch Kleidungsstücke, die möglicherweise Spuren von den Auseinandersetzungen vor, während und nach der Vergewaltigung enthalten.
Auch eine groß angelegte Müllsortierung führte nach Aussage des Kriminaloberrates aus Halle zu keinem verwertbaren Ergebnis. Diese Auskünfte wurden ohne weitere Nachfragen entgegen genommen.
Prozess um ermordete chinesische Studentin Yangjie Li: Konflikt zwischen Chefermittler und Opfer-Anwalt
Ein Konflikt zeichnete sich ab, als der Chefermittler sich zu Einzelheiten der Spurensuche und -auswertung äußerte. Viele Nachfragen des Opfer-Anwaltes machten deutlich, dass da noch reichlich Klärungsbedarf besteht. Aus diesem Grund will das Landgericht den Zeugen voraussichtlich im Januar erneut vorladen.
Was bislang fehlt, ist eine plausible Erklärung zu vermeintlichen Verzögerungen. Dabei spielen sowohl die lange erfolglose Suche nach der vermissten Chinesin als auch die möglicherweise verspätete Befragung des jetzt Hauptverdächtigen eine Rolle.
Seinen ganzen Unmut zeigte der Vertreter der Nebenklage, als der Chefermittler berichtete, wie es überhaupt zur ersten Befragung des Angeklagten kam. Dabei habe es sich wörtlich um einen „innerverwandtschaftlich vermittelten Termin“ gehandelt.
Im Klartext bedeutet das: Die Polizei überließ es der Mutter, die als Kriminalistin in die Untersuchung einbezogen war, zuerst mit ihrem Sohn über den Mordfall zu sprechen. Dieser Umstand löste seit seinem Bekanntwerden immer wieder neue Gerüchte über eine mögliche Verschleppung der Ermittlungen aus. (mz)