Einstieg in den Polizeidienst Einstieg in den Polizeidienst: Wachpolizisten sind in Anhalt-Bitterfeld Temposündern auf der Spur

Dessau/Thale - Man erkennt sie, weil in ihrem Schaft am Gürtel statt einer Pistole Pfefferspray zur Selbstverteidigung steckt und ihre Schulterklappen ohne Dienstgradabzeichen sind.
Doch der Laie, so sagt Marco Lehmann aus eigener Erfahrung, sieht das auf den ersten Blick nicht. Lehmann trägt die Uniform der Polizei. Er ist seit knapp zwei Monaten im Dienst als Wachpolizist und hofft, bei der Polizei Sachsen-Anhalt eine Perspektive zu finden.
Marco Lehmann wurde vom Forstwirt zum Polizisten
Aus Thale im Harz ist der junge Mann mit Fachhochschulreife dafür extra in den Landkreis Anhalt-Bitterfeld gezogen. Einen Umzug nahm der 26-jährige Thalenser gerne in Kauf, um neu durchstarten zu können, weil er in seinem Beruf kaum mehr eine Zukunft sah.
Lehmann ist Forstwirt, und als solcher habe er immer wieder mit befristeten Arbeitsverträgen Lücken gefüllt. „Doch im Land sind Festeinstellungen knapp“, weshalb er im Dezember 2016, als die ersten Ausschreibungen für Wachpolizisten veröffentlicht wurden, nicht lange gezögert habe.
„Ich habe mich bei den Polizeidirektionen Süd und Ost beworben“, sagt er. Am Ende hatte er zwei Zusagen und die Wahl, die auf die Region Anhalt-Bitterfeld, Dessau-Roßlau und Wittenberg fiel.
Geschwindigkeitsmessung als wichtiges Aufgabenfeld
Genau dort liegt nach vierteljähriger Schulung auch das Einsatzgebiet der 15 in der Direktion eingestellten Wachpolizisten. Alle können nach Ende der Fortbildung das Geschwindigkeitsmessgerät „Eso es3.0“ bedienen und sind mit dem Messwagen tagtäglich vom Zentralen Einsatzdienst mit Sitz in Wolfen in der Region unterwegs.
Am Mittwoch standen Lehmann und sein Kollege Florian Preuß aus Köthen in der Wolfener Chaussee der B 184. In einem Streckenabschnitt mündet der Waldweg Hohe Straße auf die Bundesstraße. Viele Radfahrer und auch Fußgänger müssen die Bundesstraße überqueren, um in die beziehungsweise aus der Mosigkauer Heide zu gelangen. Just in diesem Abschnitt gilt zum Schutz der Radler und Wanderer Tempo 50.
Doch nicht alle nehmen dort den Fuß vom Gaspedal, wissen die beiden Wachpolizisten. In zweieinhalb Stunden passierten 540 Fahrzeuge die B 184. 35 waren zu schnell. Einer von ihnen sehr deutlich. Er war mit 98 km/h fast doppelt so schnell wie erlaubt unterwegs.
Wachpolizei als Einstieg zum Polizeidienst
„Wir können unter den Messstellen der Region selbst wählen, welche angefahren wird. Oder wir reagieren auf Hinweise“, umschreibt Lehmann die Freiheit eines Wachpolizisten und weiß, dass es auch Härten gibt. Der Dienst läuft in drei Schichten und damit rund um die Uhr. Oft sind Wachpolizisten auch damit beauftragt, Schwerlasttransporte zu begleiten.
In der Region gibt es davon einige. Laut Polizeidirektion fallen wöchentlich im Durchschnitt 50 Schwerlasttransporte an, die von der Polizei begleitet werden müssen. Rund 80 Prozent der Aufgaben erfüllen mittlerweile Wachpolizisten. „Das ist für alle anderen eine enorme Erleichterung,“, sagt Polizei-Sprecher Maik Strömer. Von den Geschwindigkeitsmessungen mal ganz abgesehen.
„Wir alle streben einmal den Polizeidienst an“, sagt Marco Lehmann auch im Namen all seiner jungen Kollegen. Ihm selbst macht die Arbeit Spaß. „Es passt alles, ich mache das gerne“, lacht er und schmiedet fleißig Pläne. Im kommenden Jahr will sich Lehmann um eine reguläre Ausbildung bei der Polizei bemühen. Wenn das klappt, dann benötigt die Direktion bald weitere Helfer.
Über 80 Bewerber auf fünf ausgeschriebene Stellen
Insgesamt fünf Stellen sollen zum 1. September besetzt werden. „Anfangs gingen die Bewerbungen schleppend ein“, sagte Polizei-Sprecher Strömer. Nach Verlängerung der Ausschreibung habe man die Offerte auch über verschiedene soziale Medien verbreitet. Mittlerweile liegen der Polizeidirektion über 80 Bewerbungen vor.
Wie schon bei Marco Lehmann, Florian Preuß und den Kollegen, die zum 1. März ihren Dienst antraten, knüpft die Polizei Bedingungen und stellt Anforderungen: Bewerber dürfen nicht älter als 32 Jahre sein und sie müssen die Gewähr dafür bieten, für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.
Auf die fünf Neuen wartet dann eine Qualifikation bei der Landesbereitschaftspolizei. Etwa 480 Unterrichtseinheiten sind in zwölf Wochen zu absolvieren, bevor die Praxis beginnt. (mz)