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Dreieinhalb Jahre Abstand Dreieinhalb Jahre Abstand: Koschig, Ex-OB von Dessau-Roßlau, wird 60 und blickt auf seine Amtszeit zurück

Von Silvia Bürkmann 27.12.2017, 13:00
Klemens Koschig, erster Oberbürgermeister der fusionierten Doppelstadt, ist 60.
Klemens Koschig, erster Oberbürgermeister der fusionierten Doppelstadt, ist 60. Lutz Sebastian

Rosslau - Seine Geburtstage waren immer unverrückbar freie Feiertage. Christliche, staatliche und private. Seit dem 2.Weihnachtsfeiertag 2017 nun hat Klemens Koschig die sechs Lebensjahrzehnte vollendet. Der erste Oberbürgermeister der fusionierten Stadt Dessau-Roßlau ist 60.

Ob Verabredung oder zufällige Begegnung - die Frage kommt unweigerlich: Was machen Sie jetzt eigentlich? Sich Klemens Koschig ohne ein öffentliches Amt vorzustellen, nachdem der ein Vierteljahrhundert als Bürgermeister „erster Mann der Stadt“ war und die zuerst als „Res publica“ - eine öffentliche Sache - verstanden und geführt hat, verlangt von alten Bekannten schon ein gerüttelt Maß an Fantasie. Koschig hat seine Hintertür und Antwort gefunden: „Ich bin Publizist.“

Die heimatliche Wohnstube passt in dieses Bild, ist mit hohen, vollen Schränken, Lesepulten und -sesseln mehr Bibliothek als Salon. Die bisherigen Veröffentlichungen in gebundener Form aus der Feder und dem Computer Koschigs spiegeln ein Lieblingsfeld des Autors: Die Heimatgeschichte. So die Bildbände „Roßlau an der Elbe“, „Roßlau, die Schifferstadt an der Elbe“, die „Zeittafel der Geschichte der Stadt Roßlau“ oder die Chroniken „675 Jahre Göritz“ (2015) und „700 Jahre Ersterwähnung der St. Marienkirche“ (2016).

Klemens Koschig ist ein wandelndes Geschichtslexikon seiner Heimatstadt

Koschig ist mehr als passionierter Hobbyhistoriker. Das Landes- und Stadtarchiv gehören zu seinen beliebten Stätten für Nachforschungen. In seiner Heimatstadt steht er in dem Ruf, das wandelnde Geschichtslexikon zu sein, hat die Organisation der 800-Jahrfeierlichkeiten 2015 mit Vehemenz unterstützt.

Seit 1981, also schon seit seinen Maschinenbau-Studentenjahren an der TH Magdeburg beschäftigte sich Koschig mit der Geschichte Roßlaus und gehörte 1983 zu den Gründern der Arbeitsgruppe Heimatgeschichte Roßlau beim Kulturbund der DDR. 1998 wechselte die Arbeitsgruppe unter die Ägide des Roßlauer Bürgermeisters, mit Koschig in Doppelfunktion.

Familie, christlicher Glaube und Heimatgeschichte wurden nahezu nahtlos zum Refugium, Rückzugsort und Kraftquell, als Koschig vor dreieinhalb Jahren nach der Niederlage bei der Oberbürgermeisterwahl 2014 von der öffentlichen Bühne verschwand. Gründlich. Auch auf das zur Kommunalwahl errungene Stadtratsmandat verzichtete Koschig und hielt sich in den kommunalpolitischen Debatten der letzten Jahre auffällig zurück mit Wortmeldungen oder Leserbriefen.

„Nein, ich grolle nicht mit der Wahlniederlage. Ich habe sie gleich am Wahlabend akzeptiert“

Ist da Groll oder Verletzung? Für eine Antwort lässt sich der OB a.D. Zeit. Heraus kommt ein Nein und ein Ja. „Nein, ich grolle nicht mit der Wahlniederlage. Ich habe sie gleich am Wahlabend akzeptiert und Peter Kuras gratuliert. Das schöne Amt eines Oberbürgermeisters bekommt man eben nur verliehen.“ Als einstiger Wahlbeamter im öffentlichen Dienst sei er nun außer Dienst.

Und ja, es habe wehgetan, als er beim ersten Händedruck für den Wahlsieger Kuras für seinen Wunsch nach weiterem guten Zusammenwachsen von Dessau und Roßlau im Auditorium höhnische Zurufe erntete. Schon als aber am selben Tag die Rathaustür hinter ihm ins Schloss fiel, spürte Koschig deutliche Erleichterung.

Koschig genießt mittlerweile die Freiheit von der Bürde des Amtes

Die Amtsübergabe in den folgenden zwei Wochen verlief seiner Einschätzung nach ohne große Reibungsverluste und „unerledigte Dinge“. „Meine allerletzte Unterschrift habe ich noch am 30. Juni 2014 unter den Theatervertrag gesetzt.“ Der Wechsel ging ohne öffentliches Nachtreten vonstatten. Ende August ließen Ex- und neuer OB erstmals öffentlich die Biergläser aneinander klingen.

Inzwischen hat Koschig genug inneren Abstand und Ruhe gewonnen. Jetzt genieße er die Freiheit von der Bürde des Amtes, sagt er. Im Rathaus habe die 24 Stunden am Tag auf ihm gelegen. Als Privatus hat er derweil tatsächlich auch alte Versprechen erfüllen können: Er ist zurückgekehrt zum Männerchor Roßlau und zum Blasorchester. Und wurde mit großem Hallo empfangen. (mz)