Die Kraft der zwei Kerzen
Dessau/MZ. - Und ein sonores, von zwei Zündkerzen angefeuertes Motorenblubbern zu hören ist, das dem Kundigen verrät - hier regiert der Zweitakter. Wenigstens für ein paar Stunden.
Gala für "Pappe"
Die "Pappe" macht's möglich, die "überdachte Zündkerze", der Trabi - Liebling ungezählter DDR-Familien, seit der Wende auf der Roten Liste der aussterbenden Auto-Arten. In Dessau hatte die Kunststoffschachtel am Sonntag ihren großen Auftritt. Ihre Jubiläums-Gala. Denn der Trabant feiert in diesem Jahr den 50. Geburtstag.
Dessau feierte mit. Dank ADAC. Dank der Arge Citynet. Und vor allem Dank des Trabiclubs der Muldestadt. Der hatte sich, erzählt Marco Mattstedt, verantwortlich für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, im vergangenen Jahr gesagt: Zum 50. Geburtstag könnten wir doch eine Veranstaltung auf die Beine stellen. Hat danach Citynet und ADAC ins Boot geholt sowie eine Reihe von Sponsoren. Und somit letztlich über 200 Trabis an die Mulde. Unter denen eigentlich der schönste gekürt werden sollte. Weil man sich aber nicht so recht für einen Sieger entscheiden konnte, wurden letztlich sechs als besonders schöne Exemplare der Marke Trabant gewürdigt.
Mattstedt ist insgesamt hochzufrieden mit der Party im Herzen der Stadt. "Ein Riesenerfolg, wir hatten deutlich weniger erwartet. Ich denke, dass wir auch im nächsten Jahr wieder ein Treffen planen sollten", strahlt Mattstedt. Der allerdings nur wenig Zeit hat, sich zu freuen.
Denn zu tun hat er an allen Ecken des Platzes, wo sich Fans, Freunde und Neugierige tummeln und wo für den Corso durch Dessau - runde fünf Kilometer durch die Innenstadt - langsam der erste Gang eingelegt werden muss.
Silvio Stark hat dagegen gerade die Handbremse angezogen. Der Mann aus Lauter bei Hoyerswerda hat sich früh um sieben mit Beifahrer Stephan Nickol in seinem tiefer gelegten Trabi auf den Weg nach Dessau gemacht. 199 Kilometer waren das, sagt Stark nach einem schnellen Blick auf den Tacho. "Eigentlich ja ein bisschen weniger, aber wir mussten uns in Dessau erstmal orientieren."
Stark vermittelt einen überzeugenden Eindruck, dass man als Trabi-Fan durchaus ein klein wenig verrückt sein darf: Zum einen ist der Elektriker erst am Sonnabend von der Arbeit in Bayern in die Lausitz zurückgekommen. Zum anderen muss er sich schon am Sonntagabend wieder nach Bayern auf den Weg machen. Und zum dritten hat er an diesem Tag auch noch Geburtstag, den 33. "Die Teilnahme hier ist mein Geburtstagsgeschenk an mich", sagt er und grient: "Ja, ein bisschen irre muss man schon sein."
"Der Trabi ist eben Kult"
Ganz so weit wie Stark haben es die Jungs in den Trabis mit den Köthener Kennzeichen nicht gehabt. Sie lassen aber keinen Zweifel daran aufkommen, notfalls genauso zu handeln. "Der Trabi ist eben Kult", sind sich Stefan Schwarz und Steffen Dölitzsch aus Rosefeld sowie Patrick List aus Micheln einig.
Sie sind alle um die 20 Jahre alt und kennen den Trabi schon nicht mehr als Familienkutsche. Sondern erst mal aus den Erzählungen von einst und dann aus eigener Anschauung. Dölitzsch ist über seinen Vater auf den Trabi gekommen. "Der sammelt Trabis." Und Dölitzsch junior hat dann einen seiner Trabis seinem Kumpel Stefan geschenkt. Zum Fahren und Schrauben. Schwarz und List sind Arbeitskollegen, Metaller, "da kann man schon was machen am Auto". Im Unterschied zu den Fahrzeugen heutiger Produktion.
Vielleicht ist ja dies das Geheimnis des Trabis: Er gibt einem das Gefühl, noch selbst mitbestimmen zu können, wie die Karre läuft. Und das wünscht sich am Ende jeder.