Besonderes Jubiläum Die Frühförderstelle DiFA in Dessau hat Grund zum Feiern - und immer mehr zu tun
Seit 15 Jahren bietet die interdisziplinäre Frühförderstelle DiFA Therapie und Förderung aus einer Hand. Wie das Team die Folgen des Coronalockdowns bei den kleinen Patienten spürt

Dessau/MZ - Wie begeht eine Frühförderstelle ihr 15-jähriges Jubiläum? Mit einem Fachnachmittag für Wegbereiter und Partner, der fachlichen Input gibt und Gelegenheit für den - seit anderthalb Jahren vermissten - fachlichen und kollegialen Austausch.
Die interdisziplinäre Frühförderstelle Anhalt DifA hat ihren Geburtstag genau so gefeiert und Leiterin Katja Rittel ist noch Tage später begeistert. Nach den Einschränkungen durch die Coronapandemie sei dies genau die richtige Wahl gewesen, erzählt sie. Alle sehnten sich danach, sich mal wieder persönlich zu treffen. „Der Zuspruch war riesig und das Feedback zu den Vorträgen und Workshops durchweg positiv.“
Anfangs waren drei, jetzt sind 18 Mitarbeiterinnen im Team
Die DiFA unterscheidet sich in ihrer Arbeitsweise von anderen Frühförderstellen. Es ist eine interdisziplinär besetzte, das heißt, neben den üblichen Heilpädagogen arbeiten auch Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden und eine Psychologin dort Hand in Hand. „Wir waren 2006 die erste interdisziplinär besetzte Frühförderstelle in Sachsen-Anhalt“, hebt Katja Rittel hervor, unter deren Leitung die Stelle initiiert wurde und bis heute in Trägerschaft des Behindertenverbandes Dessau geführt wird. Nach 15-jähriger Praxiserfahrung sieht die Diplompsychologin das Konzept mehr als bestätigt. „Es ist für mich immer noch die ideale Arbeitsweise, denn wir haben den ganzheitlichen Blick auf das Kind und können eine optimale individuelle Förderung anbieten.“
Gestartet ist die DiFA 2006 mit einem dreiköpfigen Team aus Heilpädagogin, Ergotherapeutin und Psychologin in der ersten Etage des Schlossplatzes 3. „Wir sind relativ schnell gewachsen und 2013 in das Erdgeschoss gezogen, wo wir mehr Platz haben“, erzählt Katja Rittel. In Roßlau, Oranienbaum, Aken und in der Kita „Sonnenköppchen“ wurden Außenstellen eingerichtet, „um Versorgungslücken zu schließen und Wege für die Familien zu verkürzen“. 18 Mitarbeiterinnen zählt die DiFA heute. Dank der interdisziplinären Zusammenarbeit sei auch die Kompetenz der Mitarbeiterinnen außerhalb ihres eigenen Fachgebietes gewachsen. „Mein Blick auf die Entwicklung des Kindes ist geschärft, ich sehe jetzt auch Auffälligkeiten, die nicht psychisch bedingt sind“, erklärt die Psychologin Rittel.
Der Bedarf an Frühförderung ist nicht weniger geworden in den 15 Jahren. Im Gegenteil. Immer mehr Kinder weisen Auffälligkeiten und Defizite auf, die behoben werden müssen. Tätig werden kann die DiFA, wie alle Frühförderstellen, bei den Kindern vom Babyalter bis zum Schuleintritt. „Wir würden gerne noch das erste Schulhalbjahr begleiten, um auch die Schuleingewöhnung reibungslos gestalten zu können“, sagt die Leiterin. Viele Kinder kämen zu spät in die Frühförderung, so dass oft nur ein Jahr bleibe bis zum Schulbeginn. „Das ist zu wenig.“
Dessau-Roßlauer Kinder können immer schlechter sprechen
Corona hat die vorhandenen Störungsbilder der Kinder wie Sprach- und Verhaltensauffälligkeiten und motorische Probleme befeuert. „Wir bemerken zum Beispiel jetzt massive Sprachstörungen, die Kinder reden unverständlicher, ihr Wortschatz ist eingeschränkter“, so Rittel. Auch die Verhaltensauffälligkeiten nähmen stark zu. Die mediale Überreizung, mangelnde Bewegung, Sprachprobleme seien Ursachen dafür.

Die DiFA-Mitarbeiterinnen arbeiten mit ihren kleinen Patienten in der Praxis, zu Hause und in der Kita des Kindes. Letzteres hält Katja Rittel für immens wichtig, denn dort könnten sie die Kinder in sozialen Situationen erleben und darauf reagieren. Auch der Austausch mit den Erzieherinnen sei wichtig für den Gesamteindruck und Absprachen.
Im Lockdown fand Frühförderung am PC-Bildschirm statt
Seit dem Corona-Lockdown, wo auch die Frühförderstellen nicht arbeiten durften, ist bei der DiFA die digitale Therapie-Variante dazugekommen. „Wir haben eine Möglichkeit gesucht, damit die Förderung nicht völlig abbricht“, erklärt Katja Rittel. Als eine der ersten Frühförderstellen in Deutschland hätten sie sich Methodik und Angebote erarbeitet. „Es war eine tolle Erfahrung und sehr bereichernd auch für die Eltern.“ Denn die wurden online intensiv einbezogen in die Förderstunde, wechselten von der Beobachterrolle, die sie sonst einnehmen, zum aktiven Partner, der das Kind anleitet. Katja Rittel kann sich diese Arbeitsweise auch dauerhaft als sinnvolle Alternative für bestimmte Lebenssituationen vorstellen. Das sei aber derzeit vom Gesetzgeber nicht gewollt. „Wir mussten online komplett wieder einstellen.“
Zur Erfolgsgeschichte der Einrichtung gehört zweifelsohne auch die Tatsache, dass die DiFA seit dem vorigen Jahr als Praxispartner für ein duales Studium fungiert. „Wir haben eine Dualstudentin eingestellt, die Soziale Arbeit studiert und bei uns ihren Praxisteil absolviert“, berichtet Katja Rittel stolz.