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Diamantene Hochzeit Diamantene Hochzeit: Einladung zur Feier statt Flucht davor

10.05.2002, 16:15

Dessau/MZ. - Zu ihrer Goldenen Hochzeit vor zehn Jahren waren Ida und Rolf Rohn nach Thüringen gefahren, um der Feierei zu entgehen. Sie hatten ihre Angehörigen unterschätzt. Die düsten in drei Pkw hinterher. Zur Diamantenen Hochzeit hat das Jubelpaar gar nicht erst versucht zu entfleuchen und für Sonnabend im Kochstedter "Grünen Baum" eine Familienfeier für 30 Personen angemeldet. Eigentlich hatten Rohns bereits am Donnerstag vor 60 Jahren geheiratet. Aber aus Rücksicht auf die zumeist auswärtigen Gäste steigt die Feier erst zum Wochenende. Außerdem gibt es am Sonnabend noch einen tagesaktuellen Anlass zum Feiern, den 82. Geburtstag des diamantenen Bräutigams.

Beim Herbstfest auf dem Niemannschen Platz hatten sie sich kennen gelernt. 1941, mitten im Krieg. Entsprechend fiel ein halbes Jahr später die Hochzeit aus. Durch seine Arbeit in den Junkers-Werken war Rolf Rohn zunächst vom Kriegsdienst freigestellt. 1938 hatte er dort seine Dreherlehre abgeschlossen. Mit Auszeichnung. Kaum ausgelernt, wurde er zum Ausbilder erkoren. Sicher war der schnelle Aufstieg zum Teil mit kriegsbedingt. Dagegen stand der Zufall Pate, dass das junge Ehepaar bald nach der Heirat eine eigene Wohnung bekam: Rohn war zum Krankenbesuch eines seiner Schützlinge nach Chörau geradelt, hatte dort von einer freien kleinen Wohnung erfahren und gleich zugegriffen. In Chörau wurden die beiden Söhne geboren.

Ida Rohn erblickte in Köthen das Licht der Welt, Rolf Rohn ist dagegen gebürtiger Sachse. 1943 musste der junge Familienvater doch in den Krieg ziehen. Dass er auf einem Dorf wohnte, kam ihm in englischer Kriegsgefangenschaft zugute. Rohn setzte die Notlüge hinzu, er sei landwirtschaftlicher Arbeiter, wurden doch derartige Gefangene vorzeitig entlassen. Und tatsächlich heuerte Rohn in Chörau bei einem Bauern an. Ganze zehn Mark pro Woche habe er bekommen, wobei allein die monatliche Miete 28 Mark verschlang, erinnert sich seine Frau. Freilich, sein Essen habe er gehabt, "aber ich wollte ja mit den Kindern auch leben".

Als Rohns 1950 nach Dessau in die Elballee zogen, war es eine Wohnung in einer früheren Kaserne. Ein paar Jahre später siedelten sie in die Kornhausstraße. Für diese Wohnung, in der sie 33 Jahre blieben, mussten jede Menge Aufbaustunden geleistet werden.

Schon vor dem Krieg ein Rettungsschwimmer, wirkte Rolf Rohn ab 1950 beim Neuaufbau des Wasserrettungsdienstes als Mann der ersten Stunde. Hunderte von Rettungsschwimmern hat Rohn ausgebildet, eine Vielzahl von Badetagen und Veranstaltungen mit abgesichert. Um seine Schützlinge bei der Stange zu halten, gründete er eine Wasserskigruppe, studierte mit dieser Schauvorführungen ein, fuhr selbst noch als 65-Jähriger. Ein Vierteljahrhundert lang leitete er Dessaus Wasserrettungsdienst des DRK. Ehrenamtlich. Obendrein trainierte Rohn junge Tischtennisspieler, war selbst aktiv, Wochenende für Wochenende auf Achse.

"Weil ich nie zu Hause war", antwortet Augen zwinkernd Rolf Rohn, befragt, weshalb die Ehe 60 Jahren standhielt. Jedenfalls tolerierte seine Frau die Hobbys, zu dem auch noch das Drechslern gehörte und immer noch das Autofahren zählt. "Heutzutage", hat Ida Rohn als häufige Scheidungsursache ausgemacht, "sind die jungen Leute viel zu empfindlich, und dann kracht es zu schnell."