Diakonissenkrankenhaus Dessau Diakonissenkrankenhaus Dessau: Magnetische Hilfe bei Inkontinenz
Dessau/MZ - Mit einer neuen Operationsmethode kann am Diakonissenkrankenhaus Dessau Patienten geholfen werden, die an Stuhlinkontinenz leiden, also eine mangelhafte Kontrolle über ihre Stuhlentleerung haben. „Dabei wird ein elastisches Band, auf dem sich viele kleine Magneten befinden, über einen kleinen Schnitt um den Schließmuskel gelegt“, erklärt Oberarzt Uwe Hänel. Der Diplom-Mediziner ist Viszeralchirurg und Proktologe am Diakonissenkrankenhaus Dessau und bietet dort seit September 2007 auch eine Ermächtigungssprechstunde für proktologische Problemfälle an.
Düsseldorfer Spezialist als Tutor
Mit der neuen Methode hat Hänel die ersten beiden Patienten (81 und 76 Jahre alt) in Dessau operiert. Ihm zur Seite stand dabei als Tutor Dr. Faramarz Pakravan. Dieser ist Leiter des Coloproktologischen Zentrums Düsseldorf und hat die Implantation des neuen Systems in Deutschland eingeführt, das 2007 erstmals in den USA (Minneapolis) angewandt wurde. Im Mai hat der Düsseldorfer Spezialist es auf einem Kongress in München vorgestellt. Hänel war begeistert, „denn das System funktioniert unabhängig vom Patienten. Es unterstützt den Schließmuskel.“ Gerade für Patienten mit einer Behinderung oder ältere Patienten sei dies eine gute Lösung, findet der Dessauer.
Stuhlinkontinenz, erklären er und Pakravan im Anschluss an die ersten beiden Operationen am Diakonissenkrankenhaus, sei beileibe keine Seltenheit, werde aber oft verdrängt. Sechs Prozent der Frauen unter 40 Jahre seien betroffen, bei älteren Frauen ist es jede Sechste bis Siebente. Ebenfalls sechs bis zehn Prozent der Männer leiden unter dem Problem. Im Alter steigt es an. So hätten etwa die Hälfte der Bewohner in Alten- und Pflegeheimen Probleme mit kontrolliertem Stuhlgang.
Patienten oft ohne Kontakte
Wer unter der Krankheit leidet, traue sich oft nicht aus dem Haus, „zum Teil sind die Menschen sozial isoliert“, weiß Hänel aus seiner Praxis, denn die Menschen würden sich schämen. Andere wiederum würden stets darauf achten, dass eine Toilette in der Nähe ist, um im Notfall schnell reagieren zu können.
Nicht jeder, der unter Stuhlinkontinenz leidet, müsse gleich operiert werden. „Aber die Patienten brauchen Hilfe“, sagt Pakravan, der Patienten dazu ermuntert, bei Problemen mit dem Darm zum Arzt zu gehen, diese abklären zu lassen und sich nicht etwa selbst mit Salben zu behandeln.
Spezialist mit Erfahrung
Der Düsseldorfer hat zwischen 2005 und 2011 rund 30.000 Patienten behandelt. „Etwa 12 Prozent hatten Inkontinenz, nur ein bis zwei Prozent dieser Patienten wurden operiert. Man kann auch viel mit konservativen Methoden erreichen“, unterstreicht er.
Mit Beckenbodentraining, Biofeedback (gezieltes Muskeltraining), elektrischer Stimulation und auch gesunder Ernährung und Lebensweise könne oftmals die Lebensqualität der Patienten verbessert werden. Führe das nicht zum gewünschten Erfolg, kämen Operationsmethoden in Betracht, etwa die Sakrale Nervenstimulation durch die Einlage eines Schrittmachers, ein künstlicher Darmausgang oder ein künstlicher Analsphinkter. Dabei handelt es sich um ein hydraulisches System, das vom Patienten selbst an- und ausgeschaltet werden muss.
Ohne spätere Komplikationen
„Nicht jede Methode ist für jeden Patienten geeignet“, sagt Hänel, der deshalb froh ist, Patienten eine Alternative anbieten zu können. „Das System, das sich auf Druck öffnet und bei Entspannung wieder schließt, funktioniert selbstständig im Einklang mit der körpereigenen Muskulatur und sofort nach der Implantation.“ Hänel begeistert das, er findet das System „genial einfach.“ Denn nicht nur, dass es sofort eine Hilfe für die Betroffenen bedeutet, sei ein großer Vorteil. Zudem seien spätere Komplikationen nicht bekannt, ergänzt Dr. Pakravan.