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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Oberbürgermeister Koschig wird verabschiedet

Von Steffen Brachert 30.06.2014, 17:35
Bürgermeisterin Sabrina Nußbeck verabschiedet Oberbürgermeister Klemens Koschig.
Bürgermeisterin Sabrina Nußbeck verabschiedet Oberbürgermeister Klemens Koschig. SEBASTIAN Lizenz

Dessau-Rosslau/MZ - Die Mappe schlug mit einem lauten Knall zu, der vielleicht lauter war als gewollt. „Auf Wiedersehen“, sagte Klemens Koschig und schaute in die große Runde. „Man sieht sich.“

Nach 24 Jahren als Bürgermeister von Roßlau und Oberbürgermeister von Dessau-Roßlau wurde Koschig im Rathaus gestern offiziell verabschiedet. Um 11.08 Uhr gab Koschig den Rathausschlüssel an Bürgermeisterin Sabrina Nußbeck weiter, die bis zum 9. Juli, wenn Peter Kuras im Stadtrat zum neuen Oberbürgermeister ernannt wird, das Sagen hat im Rathaus.

Bismarck-Zitat zum Abschied

Koschig ging mit einem Zitat von Reichskanzler Otto von Bismarck. „Wer seine Pflicht tut, ist ein treuer Knecht, hat aber keinen Anspruch auf Dank.“ Wer wollte, konnte daraus etwas Verbitterung ableiten über das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl, dessen Deutlichkeit nicht nur Koschig selbst überrascht hatte. Doch vielleicht ist das auch zu viel hineininterpretiert.

Koschig selbst jedenfalls bedankte sich noch einmal bei vielen Freunden, Wegbegleitern und Unterstützern, vor allem aber auch bei seiner Familie, von der vier Generationen im Ratssaal dabei waren. Zweimal wurde Koschig aber auch deutlich. Die 2011 erfolgte Absage von Joachim Landgraf, den Kulturentwicklungsplan zu erarbeiten, nannte der Oberbürgermeister „eine der schlimmsten Niederlagen“ und machte dafür namentlich Stadträte wie Ralf Schönemann (Linke), Ingolf Eichelberg (SPD) und Matthias Bönecke (Pro Dessau-Roßlau) verantwortlich. „Mehrfach schwer enttäuscht“ zeigte sich Koschig von der Intendanz des Anhaltischen Theaters. „Alle würden nun sagen, Ende gut, alles gut“, blickte der Oberbürgermeister auf die Unterzeichnung des Theater-Vertrages vergangene Woche zurück. „Doch das kann ich nicht erkennen.“ Konkreter wurde er nicht.

Koschigs Wirken zu würdigen, übernahm ein Trio. „Ich halte hier eine Rede, die ich mir vor einigen Wochen nicht vorstellen konnte“, gestand Finanzbürgermeisterin Nußbeck, die 24 Jahre an Koschigs Seite war und ihm „für eine faire und konstruktive Zusammenarbeit dankte“. Lang war die Aufzählung, was unter Koschig erst in Roßlau und später in Dessau-Roßlau entstanden ist. „Das Zusammenwachsen der Stadt ist auf einem guten Weg, allen Unkenrufen zum Trotz“, sagte Nußbeck, die Koschig einen „aktiven Unruhestand“ wünschte. Für die Stadtwerke hob Hans Tobler die „fruchtbare und erfolgreiche Zusammenarbeit“ hervor. Die sei möglich gewesen, weil Vertrauen bestanden habe.

Karl Gröger, einst Bauchef in Roßlau, später Baudezernent in Dessau und als Oberbürgermeister für ein paar Monate Koschigs Vorgänger im Amt, hob die vielen Spuren hervor, die Koschig hinterlassen habe. „Die sind nicht leicht zu verwischen.“

Erfahrener Ratgeber

Gröger ist schon vor ein paar Jahren in den Ruhestand gegangen. „Das kann Erleichterung und Befreiung sein“, sagte Gröger - aus eigener Erfahrung. Mit dem Oberbürgermeister-Amt sei ja auch eine enorme Verantwortung verbunden. Der Abschied sei aber auch der Verlust, die Trennung von einem großen Teil seines Lebens. „Doch alles in unserem Leben hat seine Zeit“, sagte Gröger und riet Koschig vor allem, die Freiheit von der Amtsbürde und das fehlende schlechte Gewissen über Unerledigtes zu genießen.

Ob Klemens Koschig das kann? Er hat schon angedeutet, sich mehr um die Familie kümmern zu wollen, wieder verstärkt in die Archive abzutauchen. Das selbstkritische Nachdenken über das eigene Tun kommt hinzu. Im Ratssaal nannte er das. „Es mangelt nicht an Themen und Aufgaben, für die man bislang keine Zeit hatte“, gab sich Bürgermeisterin Nußbeck überzeugt. Roßlau 800 steht 2015 an. „Wir werden uns das eine oder andere Mal sicher wiedersehen.“