Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Neuer Sport-Discounter lässt Gewerbetreibende bangen
dessau/MZ. - Peter Meißner und Uwe Becker, beide Inhaber von Fahrradfachgeschäften in der Innenstadt, blicken voll Sorge an den östlichen Stadtrand, genauer gesagt in das Kaufland-Center Mildensee. Dort bereitet der Sportdiscounter "Decathlon" seine Ansiedlung im ehemaligen Hagebau vor. Eröffnung des 2 400 Quadratmeter großen Marktes, in dem es zu Tiefstpreisen vom Tischtennisball bis zum Boot alles geben wird, soll Mitte Juni sein.
"Diese Kette zieht Innenstadtsortimente in Stadtrandlage und wird damit den Innenstadthandel deutlich schwächen", ahnt Peter Meißner drastische Folgen. Auch Uwe Becker ist überzeugt, dass diese Neuansiedlung den Einzelhandel der Innenstadt "gründlich umkrempeln" wird. Die Mitglieder des Citynetverbandes, der Vertretung der Einzelhändler und Gastronomen der Stadt, vernahmen all das auf ihrer Sitzung in dieser Woche mit Sorge. Die Ansiedlung noch zu beeinflussen oder gar abzuwenden, stellte sich jedoch bei näherer Betrachtung schnell als unmöglich dar. "Die Stadt hat zugestimmt, der Mietvertrag ist unterschrieben, da sind alle Messen gesungen", konnte Oliver Dewess, Vorsitzender des Citynet, nur noch feststellen.
Die Ansiedlung von Decathlon war ein gut gehütetes Geheimnis in der Stadt. Denn immerhin kannte die Stadtverwaltung das Interesse des Handelsunternehmens bereits seit 2009. "Wir sind auf der Expo Real angesprochen worden", erklärt Wirtschaftsdezernent Joachim Hantusch auf MZ-Anfrage. Bemühen des Dezernates sei es daraufhin gewesen, Decathlon einen geeigneten Standort in der Innenstadt anzubieten. Auch ein Neubau wurde nicht ausgeschlossen. Das Einzelhandelsgutachten von 2008 bescheinigte der Stadt zum damaligen Zeitpunkt eine Unterversorgung im Sportartikelbereich.
Decathlon lehnte im März 2010 den Standort Dessau gänzlich ab, weil die Mindestanforderungen von 250 000 Einwohnern im Umkreis von 20 Minuten nicht erfüllt seien. "Umso mehr überraschte uns dann im Dezember 2010 die Anfrage des Eigentümers des Kaufland-Centers, die Ansiedlung von Decathlon zu prüfen."
Der ehemalige Hagebaumarkt befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr 103 "Gewerbegebiet Ost", das als Sondergebiet für Einzelhandel festgesetzt ist. Einschränkungen bezüglich des Sortimentes wurden nicht festgelegt. Und damit musste die Stadt das Vorhaben genehmigen. "Es bestand ein Anspruch", so Hantusch. "Eine Ablehnung hätte weitreichende Folgen für die Stadt haben können, zum Beispiel Entschädigungsansprüche", wirbt der Dezernent für Verständnis. Eine Ablehnung des Bauantrags hätte einen Änderungsbeschluss des B-Planes zur nachträglichen Sortimentseinschränkung vorausgesetzt.
Zum Citynetverband hatte die Stadt zu diesem Thema keinen Kontakt aufgenommen, was dort mit Befremden registriert wurde. "Ich weiß nicht, ob in der Stadt klar war, was Decathlon bedeutet", sagt Dewess. Die Tatsache, dass Dessau die einzige Stadt in den neuen Ländern ist, die dem Discounter die Türen öffnete, hätte zu denken geben müssen. Andere Städte hätten die Ansiedlung im Interesse ihrer lokalen Einzelhändler abgewehrt. "Wir können nur daraus lernen", so Dewess und will dies zum Anlass nehmen, sämtliche Bebauungspläne in den Randlagen auf den Prüfstand zu stellen - und gegebenenfalls zu ändern.