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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Hier stehen die Zeugen im Blickpunkt

Von SYLKE KAUFHOLD 24.02.2011, 19:02

DESSAU/MZ. - Vor diesem Tag hatte sich die 16-jährige Anja (Name geändert) gefürchtet. Sie soll als Opferzeugin im Gerichtsprozess gegen den Mann aussagen, der sie sexuell belästigt hat. Das Warten vor dem Gerichtssaal wird zur Qual. Auch ihre Mutti, die sie begleitet, kann sie nicht beruhigen. "Das haben wir gemacht", erklären Ines Weigel und Birgit Tietze. Die beiden sind als Zeugenbetreuerinnen am Landgericht tätig. Anja hätten sie vor dem Gerichtssaal angesprochen und ihren Beistand angeboten, so Birgit Tietze. "Wir haben ihr zum Beispiel geraten, den Täter nicht anzuschauen und nicht auf Zwischenrufe von ihm zu reagieren." Da Anja noch nie zuvor in einem Gerichtssaal war, erklärte Birgit Tietze ihr auch, wie es dort aussieht, wer wo sitzt und wie sie sich verhalten soll. Für die Aussage begleiteten sie Anja schließlich in den Gerichtssaal "als Vertraute in einer fremden Situation", wie es Ines Weigel beschreibt.

Seit dem 1. Februar bieten die beiden Frauen am Landgericht die Zeugenbetreuung und -beratung an. Dies kann auch in einem extra eingerichteten Zeugenschutzraum erfolgen. "Wie es gewünscht wird", sagt Ines Weigel. Nicht alle Zeugen würden in den Raum kommen wollen, "aber alle sind dankbar für unsere Hilfe." Erhält ein Zeuge die Ladung zum Gericht, liegt künftig ein Merkblatt zur Zeugenbetreuung bei, das die Dienstleistung vorstellt und die Kontaktdaten enthält. "Am besten ist es, wenn sich die Zeugen vor dem Gerichtstermin bei uns melden. Dann können wir in Ruhe alle offenen Fragen beantworten und die Art der Betreuung festlegen."

Der Zeugenschutzraum ist ein Projekt des Sozial-Kulturellen-Frauenzentrums e.V., die beiden Frauen für drei Jahre als Bürgerarbeiterinnen beschäftigt. Von 1996 bis 2006 betrieb der Verein den Zeugenschutzraum über den zweiten Arbeitsmarktes schon einmal. "Dann sind die Maßnahmen immer kürzer geworden, liefen nur noch fünf Monate. Das aber macht keinen Sinnen für solch eine Arbeit. Deshalb stellten wir den Betrieb ein", blickt Geschäftsführerin Renate Mühle zurück. Die Arbeit sei damals auf eine positive Resonanz gestoßen, sowohl bei den Zeugen als auch beim Gericht. "Deshalb sind wir froh, dass wir mit der Bürgerarbeit wieder eine Möglichkeit gefunden haben."

"Für uns ist dieses Angebot in der Tat sehr wichtig", bestätigt Sabine Faßhauer, Geschäftsleiterin des Landgerichtes, "denn wir können die Betreuung aus eigener Kraft nicht leisten." Den Zeugen selbst gäben die Frauen "Sicherheit und Vertrauen", was wiederum wichtig für deren Aussage sei.

Zeugenschutzraum im Landgericht ist erreichbar unter 0340 / 2021424.