Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Alte Fernseher in Naturschutzgebiet abgeladen
Dessau/MZ. - Eigentlich könnte man in den "Möster Birken" unmittelbar an der Stadtgrenze von Dessau-Roßlau etwas Ruhe finden. Eigentlich sagen sich um diese Jahreszeit dort Fuchs und Hase gute Nacht. Und doch gibt es Menschen, die haben sich über die Weihnachtsfeiertage die Mühe gemacht, die "Möster Birken" zu besuchen - um zwischen den Bäumen ihre alten Fernseher zu entsorgen.
Uwe Keddi hat den Frevel entdeckt und wendet sich nun an alle, die einmal zufällig solche Leute bei der Tat ertappen sollten: "Zeigt sie gnadenlos an", appelliert Keddi, den die zunehmende Vermüllung der Wälder rund um Dessau-Roßlau nervt. "Was ich gesehen habe, ist der Oberhammer", hat der Dessauer auf der MZ-Facebook-Seite geschrieben. "Da hat jemand zehn Fernseher entsorgt, mitten im Naturschutzgebiet an der kleinen Adria. Um die Stelle zu erreichen, musste derjenige fast einen Kilometer in den Wald fahren. Die Fernseher sind bei der Aktion zum Teil zerbrochen, Leiterplatten wurden zerstört, Schwermetalle freigesetzt - und das in einem Quellgebiet der Taube."
Wer dieser Tage die "Möster Birken" erreichen will, der muss zumindest einkalkulieren, dass sein Fahrzeug den "Waldbesuch" nicht unbeschadet überstehen wird. Der Weg dorthin ist von Schnee und Regen aufgeweicht, der Matsch pappt an der Karosserie fest, der Wagen muss anschließend aufwändig gereinigt werden. Jeder Vernünftige hätte den Weg zum Scherbelberg bevorzugt. Zumal Verbraucher dort problemlos und kostenfrei sämtliche elektrischen Geräte entsorgen können, weshalb auch Sabine Moritz, Geschäftsführerin beim Dessauer Stadtpflegebetrieb, das Handeln solcher Umweltsünder nicht nachvollziehen kann.
Wenngleich solche Taten laut Statistik leicht rückläufig sind, so liege das laut Moritz bestimmt nicht daran, dass die Vernunft immer mehr um sich greife, sondern dies sei vermutlich dem Fakt geschuldet, dass in den vergangenen Jahren immer weniger Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aufgelegt wurden. Die Leute von der (inzwischen aufgelösten) Dessauer Arbeits-, Beschäftigungs- und Strukturfördergesellschaft (DABS) hätten während ihrer Baumaßnahmen in Wäldern immer wieder Müll entdeckt. Doch mit den Jahren hatten immer weniger dieser Helfer im Wald zu tun. Oft bleibt der Müll jetzt eben unentdeckt liegen.
Allein in Dessau-Roßlau wurden 2011 88 000 Euro ausgegeben, um illegal abgelagerten Müll zu entsorgen. Bis zum November 2012 belief sich der Posten für das vergangene Jahr auf 65 500 Euro. Durchschnittlich pro Monat liefen allein vom städtischen Ordnungsdienst um die 30 Entsorgungsaufträge beim Stadtpflegebetrieb auf. Die Umweltfrevler, erklärt Moritz, zeigen sich erfinderisch, hinterlassen ihren Müll unter Brücken, sie vermüllen Wertstoffcontainerplätze, befüllen Gelbe Säcke, die die Entsorger nicht annehmen können und die dann einfach irgendwo liegen bleiben. Und sie fahren ihren Abfall in den Wald.
Auch im benachbarten Landkreis Anhalt Bitterfeld, zu dessen Territorium das Landschaftsschutzgebiet "Möster Birken" gehört, gibt es keinen finanziellen Grund, Müll in den Wald zu bringen, sagte Roswitha Mausharke, bei der Landkreisverwaltung Leiterin des Sachgebiets Abfallwirtschaft. Dass Elektroschrott im Kreis an drei Stellen kostenfrei entgegen genommen werde, geschehe auf der Grundlage des Elektroaltgerätegesetzes. Demnach können Fernseher, Staubsauger, Bügeleisen und Co zu den Annahmestellen gebracht oder über den Sperrmüll entsorgt werden. Ähnlich wie in Dessau-Roßlau.
Wer meint, der Wald ist der unkonventionellere Ort, dem ist offenbar nicht bewusst, dass die Kosten für den zusätzlichen Entsorgungsaufwand die Gemeinschaft trägt. In Dessau-Roßlau werden diese Kosten aus der Müll-Grundgebühr finanziert, weshalb jeder Gebührenzahler ein ureigenstes Interesse haben dürfte, dass Müll nicht illegal in der Landschaft landet.
Die zehn Fernseher von den Möster Birken werden übrigens demnächst aus dem Landschaftsbild entfernt. Dafür sorgte der zuständige Revierförster bereits am 29. Dezember mit einem Auftrag an die Landkreisverwaltung Bitterfeld. Und die leitet die Abholung aus dem Wald in die Wege. Bevor der Schaden bereinigt ist, entsteht so auch noch unnützer behördlicher Aufwand. Kein Wunder also, wenn Verwaltungen nur selten schlanker werden. Mit Arbeit versorgt sind sie auch dank der vielen, vermeintlich kleinen Umweltsünden.