Bürger protestieren gegen Umbenennung Bürger protestieren gegen Umbenennung: CDU verteidigt Helmut-Kohl-Straße in Dessau

Dessau - In der Debatte um die Umbenennung eines Teilstücks der Ludwigshafener Straße in Helmut-Kohl-Straße verteidigt die Dessau-Roßlauer CDU den Stadtratsbeschluss. „Wir leben in einer Demokratie - und das war eine demokratische Entscheidung des Rates“, sagte CDU-Fraktionschef Eiko Adamek. „Das Thema wurde immer öffentlich in den Ausschüssen diskutiert, Medien haben darüber berichtet. Es gab also öffentliche Informationen.“
Anwohner der Helmut-Kohl-Straße wehren sich derzeit in einer Online-Petition gegen die Umbenennung. Sie kritisieren fehlendes Mitspracherecht und mangelnde Informationen. Bisher sind rund 450 Unterschriften eingegangen. In den vergangenen Tagen hatten auch überregionale Medien über den Protest berichtet.
Die Unterschriften der Petition sollen in der Februar-Stadtratssitzung überreicht werden - mit der Aufforderung, die Umbenennung der Straße rückgängig zu machen. Laut Stadtverwaltung wohnen rund 280 Anwohner an dem Teilstück.
„Wenn man Bürger bei so etwas nicht einbezieht, braucht man sich über Politikverdrossenheit nicht zu wundern“
Der Dessau-Roßlauer Stadtrat hatte im Oktober vorigen Jahres auf Initiative der CDU-Fraktion beschlossen, dem im Juni verstorbenen Altkanzler zu Ehren ein Teilstück der Ludwigshafener Straße umzubenennen. SPD und Linke stimmten dagegen. „Wir wurden dazu nicht befragt“, sagt Olaf Königer, der mit seiner Firma in der Straße ansässig ist.
Mit Inkrafttreten des neuen Namens im Januar sei auch keiner der Anwohner gesondert informiert worden. Königer sieht zu wenig Bezüge zum Altkanzler, die eine Neubenennung rechtfertigten. „Wenn man Bürger bei so etwas nicht einbezieht, braucht man sich über Politikverdrossenheit nicht zu wundern.“
Eiko Adamek sieht die Informationspflicht bei der Stadtverwaltung, die die Straßen verwaltet. Diese hatte im Januar-Amtsblatt über die Umbenennung informiert. Zudem, so Stadtsprecherin Cornelia Maciejewski, habe man die Eigentümer angeschrieben, damit die wiederum ihre Mieter informieren. „Es soll nun aber mit der CDU das Gespräch gesucht werden, ob Bedarf für ein Gespräch mit den Anwohnern besteht.“
CDU-Fraktionschef Eiko Adamek: „Kein Politiker ist unumstritten“
Eine Rücknahme der Umbenennung kommt für Adamek nicht in Frage. Er bleibe bei der Position, dass die Ehrung mit einem Straßennamen eine angemessene Würdigung der Verdienste Kohls sei. Auch wenn er Bedenken gegen den Namen und die Person Helmut Kohl nachvollziehen könne. „Kein Politiker ist unumstritten. Aber es überwiegen die Dinge, die er für das Land und auch für unsere Stadt getan hat.“
So sei Helmut Kohl maßgeblich am Zustandekommen der schon zu Ostzeiten entstandenen Städtepartnerschaft mit Ludwigshafen beteiligt gewesen. Ein Grund, warum bei den schweren Hochwasserereignissen 2002 und 2013 von dort viel Unterstützung gekommen sei. „Er hat sich um Deutschland und Europa verdient gemacht. Er war der Kanzler der Einheit.“
In Kohls Heimatstadt wurde Umbenennung nach Protesten von Bürgern gekippt
Tatsächlich wollen verschiedene Kommunen Kohl mit einem Platz oder einer Straße ehren, zum Beispiel Erfurt. Nicht immer sind Bürger darüber begeistert. Proteste gab es auch in Leuna, Spergau und Burg. Dort sammelte eine Initiative rund 3.000 Unterschriften. Im März wird nun in einem Bürgerentscheid abgestimmt, ob ein Platz in der Stadt nach dem Altkanzler benannt wird.
In Kohls Heimatstadt Ludwigshafen und im benachbarten Frankenthal wurden Umbenennungsbeschlüsse nach Protesten von Bürgern wieder gekippt. In Ludwigshafen wehrten sich Geschäftsleute mit dem Argument, eine Umbenennung der Straße verursache Kosten. In Frankenthal sollte der Jahrhunderte alte Rathausplatz Helmut-Kohl-Platz heißen, dagegen sammelten Bürger Unterschriften. (mz)