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Buchvorstellung Buchvorstellung: Mitten drin ein kleiner König

Von Altmann Von 11.12.2001, 18:35

Dessau/MZ. - Jeder Kindergeburtstag sollte voller Überraschungen sein. Auf die kleine Ida wartet eine ganz besondere. Als das Geburtstagskind erwacht, sitzt der kleine König, den sie am Vortag gemalt hat, mit purpurnem Gewand und goldener Krone auf dem Zeichenblatt. Das adlige Kerlchen, dessen Augen unmittelbar über dem fröhlich breitem Mund platziert sind, kann vor allem regieren. Ida wünschte sich, eine Königin zu werden. Er will ihr helfen und so gibt es Privatunterricht im Herrschen. Das Bilderbuch "Idas kleiner König" liegt inmitten von Objekten, Kunstbüchern, Bildern, Fahnen und Lampen aus Papier. Diesen beinah raschelnden Stand auf dem Weihnachtsmarkt in der Marienkirche teilt sich die Buchautorin, -illustratorin und Malerin Irene Leps mit zwei weiteren Künstlerinnen der Gruppe ALBA BLAU. Anfang 2000 wurde diese ausschließlich weibliche Gemeinschaft in Wittenberg gegründet. Man wohnt entlang der Elbe, die Sinnbild für Veränderung und Heimat zugleich ist. Vielseitig wie das Gesicht des Flusses sind die Arbeiten. Auch Bärbel Mohaupt und Ute Walter schöpfen Papier, gestalten Objekte und malen. Auf einem Regal aus einer Stehleiter und Brettern stehen Lampen aus Papier und strahlen weiches Licht durch dezente Strukturen. In der Ecke steht ein Bild von Ute Walter. "Der Natterkopf" ist zugleich ein Porträt der Pflanze. An langen Ästen hängen Fahnen, die mit den Strukturen verschiedener Papiere spielen und deutlich sichtbar das Interesse der Käufer geweckt haben. "Ein solcher Stand", so Irene Leps, "ist immer ein Balanceakt zwischen Kunst und Kunsthandwerk". Und so kann man hier auch Weihnachtskarten finden, die in der historischen Druckerei des Cranach-Hofs in Wittenberg von Andreas Metschke gestaltet wurden. Die Künstlerinnen arbeiten auch in der Papierwerkstatt des Cranach-Hofs und bieten Kurse im Papierschöpfen und -gestalten in der dortigen Malschule an.

Am Sonnabendnachmittag nahm Irene Leps ihr Bilderbuch, um zwischen wartenden Geschenken daraus vorzulesen. Zu ihren Füßen kauerten nicht eben viele Kinder, aber deren Augen strahlten, als der kleine König nicht nur in Worten und Bildern lebendig wurde, sonder als Handpuppe hier und da über das Buch stolzierte. Sonst sitzt der kleine, adlige Snob in einem Liegestuhl. Da schwingt im dehnbar gemütlichen Leinen ein Stück sozialer Kritik. Die Versuche, aus Ida eine Königin zu machen, schlagen fehl. Als sie mächtig schreit, weil sie ihren Kakao nicht trinken will, springt ihr Kopf beinah aus dem Bild. Die Illustrationen empfinden vortrefflich Kinderzeichnungen nach. Am Ende sitzen alle auf einem Ast im Kirschbaum. Keiner regiert mehr und alle sind Freunde. Das ist eben ein Märchen.

Irene Leps, Idas kleiner König, Verlag Blaue Äpfel Magdeburg, 24,80 Mark